In den verbleibenden 309 Tagen habe ich mich sehr intensiv mit der (mir bis dahin nahezu unbekannten) „Isla Bonita“ befasst und je mehr ich las und sah, desto gespannter wurde ich auf diese kleine Insel, in die ich mich mehr und mehr verliebt habe. Ein nahezu tägliches Vergnügen bereitete mir die Lektüre der „Täglich frischen Nachrichten von einer kleinen grünen Insel im Atlantik“ auf http://www.la-palma-aktuell.de/cc/news.php.
Irgendwann sind auch 309 lange Tage um (die letzten paar Tage wurden trotz intensiver Vorbereitungen teilweise hektisch


Pünktlich um 05:55 rollte der Flieger zum Startplatz. Im Westen rückte eine Gewitterfront näher, wir sahen Blitze zucken und meine Tochter auf dem Fensterplatz musste Bericht erstatten über die Flugzeuge vor uns: Nr. 4 … startet, … Nr. 3 … in Position … startet … zügig waren wir dran und wir waren erleichtert, dass der Start nicht abgebrochen wurde.
Der Flug verlief ruhig, fast die ganze Strecke flogen wir über einer dichten Wolkendecke, nur bei Lissabon war ein kurzer Blick auf die Küste zu erhaschen. Erst kurz vor der Landung stiessen wir durch die Wolkendecke und flogen von Süden kommend die Ostküste entlang. Mein erster Eindruck: Mann, ist die Insel steil! Viel steiler, als ich es mir vorgestellt hatte, trotz Google Earth und vieler Bilder! Auf Augenhöhe Häuser zum Greifen nahe! Etwas harte Landung, schwer in die Bremsen (am Ende der Runway lauert der Atlantik), kurzer Stopp wegen eines anderen Fliegers, und wir sind da!
Es ist etwas schwül, warm, bedeckt, das Gebäude aussen und innen recht hübsch, das Gepäck kommt zügig, die Formalitäten am Mietwagenschalter sind ein bisschen langatmig, aber schon bald schieben wir unseren 80kg Gepäckkuli aus dem Ausgang – und stehen in einer Riesenbaustelle! Das „grüne Band“ auf dem Gehweg erweist sich als „green mile“ und endlos manövrieren wir uns um Ecken und durch wartende Gruppen, bis wir dann den Parkplatz erreichen, wo uns unser Astra erwartet.
Die letzte Hürde wird genommen (das Gepäck passt tatsächlich in den Kofferraum) und los geht’s … ziemlich lange vorbei an monströsen Neubauten (Parkhaus?), durch etliche Kreisel, unübersichtliche Abzweigungen, vorbei an Touristenghettos, Wohnblocks, Supermärkten, dem Krankenhaus, immer höher hinauf.
Der Astra ist eine gute Wahl, zieht gut - auch mit dem Gepäck im Kofferraum - liegt gut und ist sehr „handlich“, was wir bei den Strassenverhältnissen sehr geschätzt haben. Es gibt auf La Palma nur wenige Abschnitte, in denen man den vierten oder gar den fünften Gang einlegen kann, entweder, es ist steil, oder es ist sehr kurvig, sehr häufig auch beides!
Das letzte Stück vor dem Tunnel wird landschaftlich sehr schön, fahrerisch anspruchsvoll (besonders die tiefen Rinnen rechts neben den ansonsten recht guten Strassen machen schon nervös) von der Aussicht her allerdings nicht so überwältigend, da der Osten unter einer dicken Wolkendecke liegt. Der „alten“ Röhre Richtung Westen sieht man sein Alter an, holprig, tropfend, etwas unbehaglich, aber kerzengerade und man sieht von Anfang an „das Licht am Ende des Tunnels“.
Und tatsächlich, es ist als käme man in eine andere Welt, die Sonne strahlt, ein herrlicher Blick über das Aridanetal, rechts die imposante Caldera, links die Cumbre Vieja, noch fahren wir durch die Pinienwälder der Cumbre Nueva abwärts, und in der Ferne glänzt der Atlantik!
Der erste Stopp war in El Paso am „Hipermercado San Martin“. Wir hatten gelesen, dass dort die Fleisch- und vor allem Fischtheke sehr gut wäre. Und tatsächlich ergattern wir einen prächtigen, fangfrischen … öhm … ich hätte Seehecht gesagt, war aber doch eher ein Barrakuda … egal, er sah lecker aus und war auch recht günstig! Ein Hinweis: Bis kurz vor Mittag gibt es in den großen Supermärkten eine gute Auswahl an frischem Fisch und anderen Meerestieren, danach gleichen die Fischtheken eher „Fliesenausstellungen“… ausverkauft!
Da wir als Selbstversorger im „Wilden Nordwesten“ wohnten, füllte sich der Einkaufswagen mehr und mehr mit dem Allernötigsten: Wein, Bier

Weiter ging es das Tal hinunter und auf die neue Umgehungsstrasse von Los Llanos … fast … am ersten Kreisel nahm ich eine Ausfahrt zu früh, und so lernten wir auch gleich die zweitgrößte Stadt La Palmas kennen! *Flötflöt* … Aus der Stadt heraus geht es gemächlich tiefer durch Bananenplantagen und plötzlich geht es abwärts… 200 m hinunter auf den Grund des Barranco de las Angustias!
Wieso bin ich eigentlich auf die blöde Idee gekommen, zu fahren! Nur so aus dem Augenwinkel erhasche ich den einen oder anderen überwältigenden Blick ins Tal und hinein in die Caldera, aber auch hinüber auf die andere Seite der Schlucht! Was! *schock* Da müssen wir hoch? Dort drüben, auf über 500m Höhe erkenne ich den Mirador El Time und Passagen der wie an die Wand geklebten Strasse, die vor mir liegt. Okay, muss ich durch! Der Astra erleichtert die Aufgabe ungemeint, langsam macht mir das Gekurbel Spass, der Verkehr ist moderat um diese Tageszeit und zügig erreichen wir den El Time.
Kurzer Stopp, dort oben, aussteigen, Beine vertreten, den grandiosen Ausblick geniessen – der Druck in den Ohren lässt langsam nach, der frische Wind kühlt den (Angst?) Schweiss und lässt die drückenden Temperaturen dort unten vergessen, und ja, das Händi einschalten, auf ein Netz warten und den Verwalter des Ferienhauses anrufen. Der meint, noch 30 Minuten, dann würden wir ihn treffen. Okay, auf geht’s!
Die Strasse zieht sich, wir passieren viele Ortschaften, langsam geht es höher, oft geht es in engen Kurven durch tiefe Barrancos, wobei die Strasse teils durch Felsrücken „gemeisset“ ist, teils an den Abgründen „klebt“, mein Aufnahmevermögen für imposante Ausblicke und schöne Ansichten ist erschöpft! Links der Atlantik, irgendwo da unten muss die Steilküste sein. Rechts geht es steil hinauf, man sieht aber nicht weit hoch.
Die Namen der Ortschaften „fliegen“ vorbei, ich vergleiche sie mit meinem „angelesenen Wissen“ und denke nur: Aha, so schaut das also aus! Tijarafe, Tinizara, Puntagorda … dann der letzte Barranco, Barranco de Izcagua, steil geht es abwärts, scharf um die Kurve, an der Gegenseite wieder aufwärts… hier werden mir erstmals die Pinien wirklich bewusst, wunderschöne und aussergewöhnliche Bäume, in diesem Moment allerdings eher wegen der Gefahr, die die abgefallenen Nadeln auf der Strasse bedeuten könnten. Dann, oben in einer Kehre der Abzweig nach Las Tricias. Noch ein kleiner Barranco, eine recht scharfe Kurve (die mich auch zukünftig oft „überrascht“ hat … *grummel* ) und der überdimensionierte, mir von vielen Bildern vertraute Ortsplatz mit der kleinen Kirche taucht auf!
Anhalten, aussteigen, umschauen … der Verwalter ist noch nicht hier. Ein paar Schritte zum Platz, die Atmosphäre „einsaugen“, nahezu Totenstille, angenehme Temperatur, strahlend blauer Himmel, hinter uns sieht man einige bewaldete Bergspitzen, der Tricias ist gerade mal 1200 m hoch, vor uns geht es weit abwärts, die Sicht ist allerdings durch die starke Neigung eingeschränkt, wir sind auf 790 m Höhe, wenn man genau schaut, erkennt man die Schaumkronen auf den Atlantikwogen, die Steilküste ist kaum 3 km unter uns. Links Hügel, teils mit Gärten und kleinen Feldern, teils bewaldet, rechts ein langgezogener Pinienwald, allerdings jenseits des Barrancos. Ringsum verstreut Häuser, alte, neuere, ärmliche, eher protzige, verfallene…
… ein Motorgeräusch reisst mich aus meinen Betrachtungen! Ein weisser Geländewagen fährt hinter uns durch. „Das ist er!“ ruft sie. Na, wer denn sonst, denke ich, also, einsteigen, hopphopphopp … und hinterher! Zwei Serpentinen tiefer sind wir dann da und werden herzlich empfangen! Das Anwesen ist ein Traum, Fotos können das nicht erfassen! Wir sind da!
Fortsetzung folgt.