Teil 6
Es geht weiter Richtung Lorient. Wir entschließen uns nicht für den direkten Weg sondern fahren „par la côte“ in der Hoffnung, evtl einen schönen Campingplatz mit Meerblick zu finden. Aber weit gefehlt. Entlang des gesamten Küstenstreifens vor Lorient tanzt der Bär. Ich habe solche Menschenmassen zu dieser Jahreszeit in der Bretagne noch nirgends gesehen. Zu beiden Seiten der Küstenstraße befindet sich eine nicht enden wollende Schlange von geparkten Fahrzeugen und vom Strand ist vor lauter Leuten fast nichts mehr zu sehen, das erinnert mich schon an Fotos vom sog. „Teutonengrill“. Offensichtlich ist am heutigen Sonntag ganz Lorient unterwegs. Nix wie weg von hier.
Nach einer längeren Irrfahrt durch Lorient - ausgeschildert waren hier immer nur irgendwelche Stadtteile, deren Namen uns natürlich nichts sagte – sind wir dann endlich auf dem Weg Richtung Etel. Wir fahren über die Etelmündung und biegen dann ab nach St Cado. Ich wollte mir schon immer mal die Gezeitenmühle hier in Natura ansehen, die ich schon auf so vielen Fotos und Ansichtskarten bewundert habe. Zu meinem großen Bedauern liegt sie bei unserer Ankunft voll im Gegenlicht, also denkbar ungünstige Voraussetzungen für gute Fotos. Die winzige Insel St Cado ist zu Fuß über eine kleine Steinbrücke erreichbar. Sie liegt ganz idyllisch in der Abendsonne und ich kann mich gar nicht satt sehen. Eine kleine Kirche, ein Reetdachhaus, viele kleine Boote im Wasser, einfach schön.
In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Campingplatz. Es ist zugegebenermaßen nicht der Allerschönste, aber alleine schon wegen der Aussicht am nächsten Morgen die Gezeitenmühle im Morgenlicht fotografieren zu können hätte ich mich dort gern für die kommende Nacht eingemietet. Leider streikt jedoch Matthias. Die Aussicht auf meine Fotosession am nächsten Morgen kann ihn – aus seiner Sicht wohl verständlich – nicht dazu bewegen, auf dem Campingplatz zu übernachten, der ihm absolut nicht gefällt.
Schweren Herzens steige ich also wieder ins Womo und wir fahren weiter Richtung Quiberon. Bereits am Kreisverkehr bei Plouharnel kommt uns eine riesige Blechlawine entgegen, die sich bis nach St Pierre-Quiberon staut. Wir kommen aus dem Staunen nicht raus, hier muss am Wochenende wirklich die Hölle los gewesen sein.
Wir mieten uns für eine Nacht auf dem Camping Beau Séjour ein. Nach dem Abendessen machen wir einen Spaziergang am Strand. Es dämmert bereits und in der Ferne können wir die Lichter entlang der Küste Richtung Süden erkennen.
Morgens nach dem Frühstück fahren wir zunächst nach Quiberon zum Einkaufen. Danach geht es an die Côte Sauvage. Hier stellen wir mit großem Staunen fest, dass seit unserem letzten Aufenthalt vor 4 Jahren fast sämtliche Parkplätze entlang der Küste mit Schranken in Höhe von 1.85m bis 2.10m versehen wurden. Selbst der große Womo-Parkplatz direkt am Ortsausgang von Quiberon existiert nicht mehr. Das ist schon sehr schade.
Die Sonne hält sich ziemlich bedeckt. Als wir jedoch zu einem meiner Lieblingsplätze an der Côte Sauvage kommen schafft sie es doch noch durch die Wolken. Es ist immer wieder schön hier zu stehen und auf die Brandung zu schauen, in der Ferne an der Pointe de Rohu auf den Felsen die wohl meistfotografierte Ruine Quiberons.
Wir fahren weiter nach Portivy und genießen, wie schon so oft, den Blick von der Terrasse des Café du Port auf den kleinen Fischerhafen.
Nach einem Kaffee und einer heißen Schokolade fahren wir rüber auf die andere Seite der Halbinsel an den Strand von Beg Rohu. Im Gegensatz zur Côte Sauvage gleicht das Meer auf dieser Seite von Quiberon eher einem großen See. Es ist inzwischen wieder Ebbe und die Franzosen gehen ihrer Lieblingsfreizeitbeschäftigung, dem Pêche à Pied nach. Diesmal allerdings in einer uns bislang unbekannten Variante. In Gummihose und Gummijacke waten sie bis zur Schulter im Wasser, bewaffnet mit einem Käscher. Hinter sich her ziehen sie ein Behältnis, bestehend aus einem Gummireifen, an welchem ein Netz befestigt ist, um dort das erbeutete Meeresgetier unterzubringen. Während wir hier zu Mittag essen sind die Pecheurs eifrig bei der Arbeit. Ein älterer Franzose, der neben uns geparkt hat kommt in dieser Zeit mehrmals zu seinem Fahrzeug, um seinen Fang zu verstauen. Leider kann ich nicht sehen, um was genau es sich dabei handelt, da er seinen Fang durch Decken gegen die Sonne schützt.
Wir können auch noch eine Gruppe von Kindern beobachten, die – in Schwimmwesten gepackt – ihre ersten zaghaften Versuche unternehmen, das Meer in kleinen Katamaranen mit bunten Segeln zu bezwingen.
Am späten Nachmittag mieten wir uns für die kommende Nacht auf dem Camping Les Jonces du Roches ein, wo wir bereits des öfteren waren.
Gegen Abend fahren wir dann noch mal nach Quiberon zum Einkaufen und drehen anschließend noch eine kurze Runde an der Côte Sauvage. Die Sonne steht bereits sehr tief und das Meer glitzert silberfarben.
Zurück auf dem Campingplatz müssen wir feststellen, dass ein recht großes Wohnmobil mit 4 Franzosen an Bord unmittelbar vor unserem Stellplatz steht und das obwohl auf dem großen Terrain fast alle Plätze frei sind. Etwas genervt packen wir Campingtisch und Campingstühle ein und ziehen um auf einen anderen Stellplatz.
Nach dem Abendessen machen wir noch einen Spaziergang am Meer.
Nach dem Frühstück brechen wir unsere Zelte auf Quiberon ab. Ich kaufe beim Traiteur in St Pierre noch fürs Mittagessen ein und dann geht’s los Richtung Halbinsel Guérande.
In Auray legen wir einen Stopp ein, da ich gerne runter zum Hafen möchte. Das gestaltet sich allerdings etwas schwieriger als erwartet und wir kreuzen einige Male durch den Ort. Ab und an taucht auch mal ein Schild in Richtung Port auf, aber spätestens an der nächsten Kreuzung rätseln wir wieder wo es nun weiter geht. Als Matthias schon fast so weit ist das Handtuch zu werfen gelangen wir endlich zu einem Parkplatz, von wo aus wir nach ca 10 Minuten Fußweg endlich den Hafen von Auray erreichen.
Wir waren vor etwa 15 Jahren das letzte Mal hier und ich finde dieses Hafenviertel mit den etwas schiefen Fachwerkhäusern und dem Kopfsteinpflaster noch genau so idyllisch wie damals. Inzwischen ist der gesamte Hafenbereich für den Verkehr gesperrt, so dass man in aller Ruhe einen Kaffee in einer der zahlreichen Bars genießen kann, was wir dann auch tun. Als wir am Womo zurück sind ist es bereits Mittag und wir beschließen unseren Einkäufen vom Traiteur in St Pierre zu Leibe zu rücken. Hier erleben wir ein echtes kulinarisches Highlight, den Salade Créole. Ich konnte beim Traiteur schon alleine wegen des Namens nicht widerstehen und wir sind restlos begeistert von diesem Salat, bestehend aus Hühnerfleisch, Hirse und exotischen Früchten, gewürzt mit frischem Ingwer und Curry, für uns eine absolute kulinarische Neuentdeckung in der Bretagne. Beim Genuss dieses leckeren Salates werden Erinnerungen an die Seychellen wach.
Nach dem Essen geht’s weiter über La Roche Bernard und Guérande nach La Turballe. Hier hat sich zum Glück seit unserem Aufenthalt vor 2 Jahren nichts verändert. Wir drehen eine Hafenrunde und mieten uns wie immer auf dem Camping Les Chardons Bleu ein.
Gegen Abend fahren wir zurück in den Ort, parken das Womo an der Kirche und machen einen Bummel entlang des Hafenkais. Hier herrscht ein reges Treiben.
