Am Donnerstag nehmen wir dann die 10-Uhr-Fähre nach La Digue. Schon auf der Überfahrt wird klar, was uns erwartet: Es sind fast ausnahmslos Italiener an Bord; einer meint, den Pausenclown machen zu müssen, fotografiert mit seiner Digiknipse seine Landsleute und verzichtet dabei nicht auf spektakulär aussehendes Rumgeturne. Es soll offenbar so aussehen, als wenn er der Checker ist und immer den idealen Schusswinkel sucht. Anscheinend reißt er dabei auch noch tolle Sprüche, denn das halbe Boot lacht, sobald er den Mund aufmacht. Im Hafen von La Digue dann der absolute Kulturschock: Der Anleger steht komplett voll! Alle Taxifahrer und Fahrradvermieter der Insel haben sich versammelt und machen einen auf Basar, indem sie jedem Neuankömmling direkt die Hand schütteln und anlabern: „Hey man, need a good bike for today to explore the island?“. Wir kämpfen uns durch einen Menschenpulk. Das Ganze erinnert mich irgendwie an 100 Quadratmeter Wies´n am Eröffnungswochenende…

Da unsere Zeit drängt (wir müssen bereits die Fähre um 15:30 zurück nehmen), bitte ich Taxifahrer Jamie, uns zur Grand Anse zu bringen. Als wir dort ankommen, die Erleichterung: Nur etwa 20 Leute sind dort – auch wenn mindestens 50 Fahrräder unten in der Nähe des Restaurants stehen. Wo sind die Besitzer nur immer alle?? Auf jeden Fall scheinen die mit uns angekommenen Italiener wohl zur Source d´ Argent gepilgert zu sein, denn hier sind sie jedenfalls nicht. Wir gehen zu dritt Baden, doch nach wenigen Minuten höre ich wieder den Felsen rufen. Da habe ich beim Abschied am Samstag nicht mit gerechnet, dass ich so schnell wieder hierher zurück kommen werde! Unten stehen wieder Touristen, zeigen zu mir herauf und stecken die Köpfe zusammen. Übrigens hatte ich zuvor mal interessehalber mehrere Einheimische gefragt, ob es möglich ist, nach dort oben zu klettern. „No, this is not possible“. Die Möglichkeit unten von der Petite Anse scheint keiner zu kennen. Wer den Weg von Euch kennt: Bitte niemandem verraten, sondern die Aussicht ganz egoistisch alleine genießen. Denn Ihr wisst, mittlerweile fallen die Kleingruppen auch an der Anse Marron ein und die letzten „save havens“ sterben langsam aus.

Um 13:00 Uhr holt uns das Taxi wieder ab, und genau in dem Moment, in dem wir die Grand Anse verlassen, fallen die italienischen Heuschrecken ein. Weit über 50 Leute. Allen voran ein aufgekratzter Typ mit einer 1er EOS und einem umgehängten Blitzakku, mit dessen Hilfe er pro Sekunde etwa 10 Blitze unter Volllast abfeuern kann. Wofür??? Er will offenbar gleich ein Gruppenfoto an der Grand Anse machen, denn wir bekommen noch so eben mit, wie er anfängt, die Leute zu positionieren. Da unser Taxi aber wartet, hauen wir ab. Nicht, ohne vorher noch über die Videofrau zu staunen, die die Gruppe mit einer recht professionellen Kamera und einem soliden Dreibeinstativ begleitet. Was machen die denn? Sieht so Cluburlaub bei den Italienern aus? Gruselig…
Offenbar waren die Italiener zuvor an der Source d´ Argent, denn dort sind wir nun nahezu alleine, keine zehn Touristen sind dort. Zum ersten Mal seit Jahren sehe ich die Source d´ Argent mal wieder bei Ebbe. Zum Baden ist das ja mal wirklich nichts, aber fotogen ist die Bucht dann doch! Zwei Stunden zuvor hätte man dort phänomenale Fotos machen können (vorausgesetzt, dass es dann auch so menschenleer gewesen wäre!), aber nun ist die Sonne schon etwas zu weit Richtung Westen gewandert. Dennoch sind ein paar nette Bilder dabei, die mir noch in meinem „Seychellenportfolio“ fehlten. Um 15:30 legt die kaum gebuchte Fähre ab und ich bin heilfroh, die Insel nicht nur als Tagestourist zu kennen. Denn sonst wäre ich ziemlich enttäuscht. Beim nächsten Besuch werde ich mindestens 14 Tage auf La Digue einplanen, vielleicht sogar noch einige mehr.
Zum Sonnenuntergang ist es heute soweit, Sebrina geht mit ihrem Brautkleid komplett ins Meer. Eigentlich wollten wir heute sogar mein „Traumfoto“ machen, auf dem das Brautpaar Hand in Hand in voller Montur mit Anlauf vom Bootsanlegesteg ins Meer springt. Leider sind die Gezeiten nicht auf unserer Seite, denn das Wasser ist derzeit nur knapp über einen Meter tief. Hinzu kommt noch, dass der Meeresgrund dort mit einer stinkenden, braunen Schicht überzogen ist. Ob da etwa ein Bootseigner seine Bordtoilette entleert hat? Das Sprungfoto fällt somit leider definitiv flach, aber immerhin gibt es eine schöne Wasserschlacht. Bilder folgen! Anschließend brettere ich zum dritten Mal die 22 Kilometer in völliger Dunkelheit um die Insel. Mittlerweile kenne ich jede Kurve beim Namen.

Am Freitag wache ich um 8 Uhr auf. In elf Stunden muss ich am Flughafen sein, also was tun mit dem letzten Tag? Ins Vallée de Mai (welches übrigens derzeit einen neuen, säulengesäumten Eingangsbereich bekommt)? Irgendwie gehört der Gang durchs Vallée de Mai ja zu einem Praslinbesuch unbedingt dazu, aber ich war bereits 1993, 2000 und 2004 dort. Also den Tag an der Anse Lazio mit 50 weiteren Touristen verbringen? Wäre schön entspannend und fotogen, denn es gibt heute nur ein paar winzige Wölkchen am ansonsten strahlend blauen Himmel. Aber ich entscheide mich dann doch für die Wanderung von der Anse Lazio zur Anse Georgette – die soll zwar phasenweise sehr anstrengend, aber auch sehr schön sein. Und ich bin nun im Nachhinein heilfroh, dass ich sie unternommen habe, denn die Aussichten an diesem fast wolkenlosen Tag sind einfach spektakulär. Hat man den Polfilter aufgeschraubt, so erblindet man fast beim Blick durch den Sucher auf Grund der enormen Farbenpracht! Ungefähr auf der Hälfte der Wanderung – ich lege soeben eine dringend notwendige Trinkpause ein – ruft Sabrina an und berichtet, dass zu Hause derzeit quasi zum ersten Mal seit meiner Abreise vor 15 Tagen die Sonne scheint. Ansonsten hat es jeden Tag viele Stunden heftig geregnet – manchmal sogar von morgens bis abends ohne Pause. Ich hatte auf La Digue wie bereits erwähnt nur einen halben Regentag und auf Praslin zwei Schauer – einen davon bei Nacht.
Erwähnte ich bereits, dass die Aussichten auf dieser Wanderung teils atemberaubend sind?

Der kurze Flug nach Mahé in einer enorm engen Maschine (die vor 15 Tagen war deutlich geräumiger!) ist ja erst der Anfang meiner „Flugodyssee“. Zunächst mal gilt es, nun satte sechs Stunden am Flughafen auf Mahé abzuhängen. Wie der Zufall es aber will, lerne ich Roland Becker kennen – einen sehr netten Deutschen, der seit Jahren auf Mahé lebt und dort verheiratet ist. Er nimmt mich mit zum „Fairyland“, denn dort gibt es für 150 Rupien (= derzeit etwa 7,50 EUR) ein leckeres kreolisches Buffet. Der Laden ist am Freitagabend sehr gut besucht, eine Liveband spielt internationale Hits von U2 über die Rolling Stones und zurück, die Gespräche mit dem sympathischen Roland sind sehr interessant und der Maler Michael Adams, der mit Ehefrau und Freunden am Nebentisch diniert, ist nun stolzer Besitzer meiner Visitenkarte…

Gegen 23 Uhr setzt Roland mich wieder am Flughafen ab. Noch über zwei Stunden warten, dann beginnt das Boarding endlich. Der Flieger ist ziemlich voll, aber immerhin ist der Platz neben mir frei. Zwei Stunden schlafe ich in ziemlich irrer Körperhaltung und lehne das Frühstück dankend ab, als ich kurz vom Service geweckt werde – schließlich habe ich den Bauch noch voll vom „Fairyland“. Zwei Stunden Aufenthalt in Dubai vergehen schnell, und nun sitze ich hier im Flieger über Warschau und tippe an meinem Abschlussbericht.
Mein persönliches Fazit:
La Digue war mal wieder phänomenal schön! Man muss halt nur versuchen, sich von den Massen fern zu halten, die - wie mehrfach live erlebt - tatsächlich stundenweise auf La Digue einfallen. Ich habe wieder neue Seiten und Fotospots der Insel entdeckt, in Rondy einen treuen Wegbegleiter (vielen herzlichen Dank an Max von Sitours [http://www.seychelles-info.com] für den Tipp!!) und im „Kot Babi“ die für mich perfekte Unterkunft (vielen Dank an Gellwien Tours!!) gefunden. Ich werde auch in Zukunft wieder täglich an diese wunderschöne Insel denken und noch viele Wochen damit beschäftigt sein, mir die zahlreichen Fotos anzusehen. Bereits jetzt habe ich neue fotografische Pläne für den nächsten Aufenthalt auf La Digue. Ich kann es schon gar nicht mehr abwarten!
Praslin will irgendwie nicht so wirklich meine Insel werden - ich kann aber nicht in Worte fassen, woran das liegt. Die Anse Lazio ist noch immer wunderschön, aber die Anse Georgette hat da nun noch ein ganzes Schippchen drauf gelegt! Das Straßennetz der Insel kenne ich nun in- und auswendig, aber das ist auf Praslin ja nun auch nicht übertrieben kompliziert…

Mahé habe ich bei diesem Besuch nicht bereist, aber ich habe ganz aktuelle Luftaufnahmen von der Petite Anse gesehen. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, wie man diese Unterkunft als „kaum auffallend und harmonisch in die Landschaft integriert“ bezeichnen kann, denn das ist sie nun wirklich nicht. Es hätte zwar schlimmer kommen können („Coral Strand“), aber die Anlage ist schon heftig.
So, das soll es von meiner Seite gewesen sein. Ich sichte in den nächsten Tagen nun zunächst die Lemuria- und die Hochzeitsfotos, und anschließend folgen dann die ersten „Urlaubsbilder“. Info über die ersten Veröffentlichungen erfolgt dann hier im Forum.
Viele Grüße
Torsten
