Tsunami: Anse Lazio auf Praslin – einmal ohne Wasser

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robhof
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Tsunami: Anse Lazio auf Praslin – einmal ohne Wasser

Beitrag von robhof »

Ein Jahr danach: Der Jahrhundert-Tsunami und seine Folgen auf den Seychellen: Anse Lazio auf Praslin – einmal ohne Wasser

(die Photos dazu sind hier zu sehen: http://www.fnz.at/fnz/aktuelles/aktuelles.php#tsunami)

Die allermeisten Seychellenreisenden kennen Anse Lazio im Norden der Insel Praslin, gilt er doch als Paradebeispiel eines Paradiesstrandes der Insel Praslin. So wie Joachim Brück und seine Gattin diesen Strand am 26. Dezember 2004 erlebt haben, kennen den Strand jedoch nur wenige Menschen auf der Welt – und das sind durchwegs nur solche, die sich zu jenem Zeitpunkt ebenfalls in der Nähe des Strandes aufhielten. Ansonsten haben nicht einmal die ältesten Inselbewohner der Seychellen jemals etwas Vergleichbares beobachtet.

Der Anblick rief bei den vielleicht 30 oder 40 Menschen, die sich am 26. Dezember 2004 hier aufhielten, mehr als nur Verwunderung hervor: Die ganze Bucht war trocken gefallen, das Wasser zog sich weit zurück. Jener markante große Felsen (auf den Fotos zu sehen), bei dem die Touristen gern Schnorcheln gehen und bei dem das Wasser normalerweise 4 bis 5 Meter hoch steht, war vollständig trocken gefallen. Genau in diesem Abschnitt der Bucht war übrigens auch jener kleine Zitronenhai über viele Wochen zu beobachten, der in einem anderen Bericht beschrieben ist. Joachim Brück beobachtete einige Riffische, die in den verbleibenden Pfützen am Meeresgrund zappelten, und überlegte, wie er sie retten könnte, während seine Gattin etwas höher stand und die ganze Bucht überblicken konnte. Einige Menschen spazierten verwundert und nichts ahnend am trocken gefallenen Meeresgrund weit im Inneren der Bucht (ebenfalls auf den Bildern zu sehen).

Das Ehepaar Brück spürte instinktiv, dass etwas Besonderes vor sich ging, dass es sich um keine “normale” Erscheinung handelt – obwohl von der Vorstellung oder vom Begriff eines Tsunamis noch lange keine Rede war. Was tatsächlich die Ursache des Phänomens war sowie die Dimension der Katastrophe erfuhren sie erst nach der Rückkehr nach Deutschland am Neujahrstag. Frau Brück stand zum Glück etwas höher und konnte die heranrollende Welle sehen. Dann hieß es nur noch laufen...

Fotos von der eigentlichen Tsunamiwelle in dieser Bucht gibt es nicht. Das Ehepaar lief – verfolgt von durch die hereinbrechenden Wellen hervorgerufenen gewaltigen Krach – den Hang hinauf und drehte sich erst um, als es sich in Sicherheit währte. Die Menschen, die am trockengefallenen Meeresgrund spazierten, wurden vom Wasser in die Vegetation im Hinterland der Bucht gespült, ebenso wie die in der Nähe des Strandes parkenden Autos (hier, unter den Palmen, stehen auch zwei bei Touristen beliebten Restaurants). Es hat viele Verletzte gegeben, in dieser Bucht aber vermutlich keine Toten. Völlig verwirrt irrten die zum Teil schwer verletzen und blutenden Menschen herum. Sie konnten nicht begreifen, was gerade passiert war.

Insgesamt forderte der Tsunami auf den Seychellen drei Menschenleben. An manchen Stellen sind die Spuren des Tsunamis bis heute zu sehen – so in der durch eine Steinmauer abgetrennten Bucht von Curieuse, in der früher Meeresschildkröten für den Weiterverkauf gehalten worden sind. Teile der langen Mauer sind bis heute niedergerissen, so dass die Verbindung zum offenen Meer wieder hergestellt bzw. verbessert worden ist. Und wenn man heute durch diese Lagune watet, gewinnt man den Eindruck, dass sie ihre ökologischen Aufgaben als Kinderstube des Meeres wieder viel besser erfüllen kann als vor der Welle. Verschiedenste Jungfische tummeln sich im knöcheltiefen, warmen Wasser, gejagt von Seevögeln aus der Luft sowie kleinen Haien und Rochen im Wasser. In dieser Häufigkeit sind uns kleine Haie in der Lagune bei früheren Aufenthalten auf Curieuse bisher nicht aufgefallen.

Die Fotos und die Geschichte stellte uns das Ehepaar Brück (Joachim Brück, 35466 Rabenau) während einer RSEC-Exkursion auf die Seychellen in Oktober 2005 zur Verfügung. Das RSEC-Team bedankt sich dafür recht herzlich.

Hier noch ein Kommentar von Thorsten Gräf-Herrmann

Die Schäden auf den Seyschellen sind natürlich nicht mit denen in Thailand oder Sri Lanka zu vergleichen. La Digue ist am Besten davongekommen, da fast alle Anlagen im Südteil der Insel liegen. Zerstörungen hat es vor allem im Norden von Praslin und im Osten von Mahe gegeben. Die süd-westlichen Abschnitte der Inseln sind dagegen völlig in Takt, da die Welle dort parallel zum Strand verlief und nur einige Boote mitgerissen hat.

Was die Sache aus meiner Sicht problematisch gemacht hat war die Tatsache, dass einen Tag nach den Ereignissen ein ungewöhnlich starker Monsunregen einsetzte, der bis zu unserer Abreise am 30.01.2004 unvermindert anhielt. Das führte dazu, dass es besonders auf Mahe überall zu Erdrutschen kam, die oft die einzigen Straßenverbindungen zwischen den einzelnen Inselbereichen blockierten.

Darüber hinaus spülten die vielen Bäche Unmengen von Dreck ins Meer. Einheimische Taxifahrer sagten mir, dass auch dieses Phänomen völlig ungewöhnlich sei und ein direkter Zusammenhang zum Beben drängt sich auf.

Weitere links über den Tsunami und seine Auswirkungen auf den Seychellen

* http://www.airseychelles.de/news/Thanksgiving.html (etwas positiv angehaucht, aber in Anbetracht der verheerenden Auswirkungen in anderen Ländern durchaus realistisch)
* http://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_i ... Ozean_2004 (ausgezeichnete Infos über den Jahrhunderttsunami)
* http://www.learn-line.nrw.de/angebote/a ... sunami.htm (ausgezeichnete Infos über Tsunamis)



:o :shock: :roll:
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Dirk
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Re: Tsunami: Anse Lazio auf Praslin – einmal ohne Wasser

Beitrag von Dirk »

robhof hat geschrieben: Darüber hinaus spülten die vielen Bäche Unmengen von Dreck ins Meer. Einheimische Taxifahrer sagten mir, dass auch dieses Phänomen völlig ungewöhnlich sei und ein direkter Zusammenhang zum Beben drängt sich auf.
Wir waren damals auf Mahe und hatten auch von einem solchen angeblichen Zusammenhang zwischen extremen Regenfällen und einem Erdbeben gehört. Gibt es dafür eine Erklärung von seriösen Fachleuten oder ist dieser Zusammenang nur "Aberglaube"? Als Laie leuchtet mir nicht ein, wie insbesondere tausende Kilometer vom Epizentrum entfernt, dass Wetter nur durch eine Tsunamiwelle beeinflußt werden kann. Wer weiß was genaues?
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