Die Seychellen haben das größte Heroinproblem weltweit. Es gibt relativ konkrete Vorstellungen innerhalb der Bevölkerung, weshalb das so ist und wie es möglich ist, daß das Heroin ins Land kommt. Man hat lange Zeit nichts getan, die Kriminalität stieg und stieg, es gab Gegenden, vor allem Cote d'Or auf Praslin und Anse Royale auf Mahé (wozu man wissen muß, mit Anse irgendwas ist dann in dem Fall nicht der Strand selbst gemeint, sondern die dazugehörigen Ortschaften, die den gleichen Namen tragen), da wurde empfohlen, nach Einbruch der Dunkelheit gar nicht mehr aus dem Haus zu gehen, und so etwas gab es früher auf den Seychellen eher nicht. Es gab regelmäßig Überfälle auf Wanderer und Diebstähle an den Stränden, die Gästehäuser vergitterten ihre Fenster, es wurde eine "Touristenpolizei" eingerichtet. Also alles Symptombekämpfung, an die Wurzeln ging man nicht, es gab so gut wie keine Möglichkeiten zum Entzug und anschließenden Rehabilitation für die Abhängigen.Fabian.B hat geschrieben: ↑21 Aug 2020 18:12 Haben die Seychellen denn ein großes Drogenproblem bzw. viele Abhängige?
Wie sieht es aus mit Drogenbedingter Kriminalität?
Welche der Hauptinseln ist besonders betroffen? & in welcher Ecke der jeweiligen Insel(n) halten sich diese Leute denn meist auf?
Würde nämlich dann gerne einen riesen Bogen drum machen..
So ab 2013/14 würde ich sagen, wurde massiv bekämpft, dazu wurden Mitarbeiter vor allem in Irland rekrutiert, denen die Arbeit aber nicht wirklich leicht gemacht wurde. Diese Abteilung hat sehr offen gearbeitet, die haben sich bei Razzien begleiten lassen und an Dokumentarfilmen mitgewirkt, da konnte man die Mitarbeiter dann sagen hören, daß sie sich in ihrer Arbeit teilweise durch andere Behörden konkret behindert fühlten. Man wußte auch schon lange, daß der Iran das Zuliefererland ist, es wurden mehrfach Schmugglerboote aufgebracht, die die Iraner dann vor Ort in Port Victoria noch angezündet haben, um Beweise zu vernichten. Mehrfach wurden große Mengen Heroin, die Mitarbeiter der Fluggesellschaften geschmuggelt haben, konfisziert. Das führte dazu, daß ungefähr 2015/16 (die Jahreszahlen weiß ich so aus dem Gedächtnis nicht mehr genau), irgendwann das Heroin im Land knapp wurde und da wurde es dann richtig schlimm, weil natürlich dann überall die Entzügigen herumgetorkelt sind und sich in ihrer Not teils öffentlich am Straßenrand einen Schuß gesetzt haben, wenn sie irgendwo was ergattern konnten, und ich glaube, danach hat man dann kapiert.
Inzwischen gibt es Möglichkeiten zum Entzug und vor allem wird massiv substituiert, es gibt verschiedene mobile Methadon-Ausgabestellen, und das hat dann endlich etwas zum Besseren bewirkt. Die Kriminalität ist in den letzten Jahren schon um einiges gesunken und ich hatte inzwischen auch keine Angst mehr, allein im Norden von Mahé wandern zu gehen, was ich so vor 8, 9 Jahren eher nicht getan hätte.
Konkrete Quellen und Belege für das, was ich schreibe, findest Du in dem von mr.minolta verlinkten Kriminalitätsthread. Der ist zwar ziemlich lang, aber voller teils bizarrer Geschichten.
Wenn ich so über die jetzt bekannt gewordene Geiselgeschichte nachdenke, fällt mir auf, daß in den vergangenen Jahren immer wieder junge Männer vom Fischfang nicht zurückgekehrt sind. Ein paar Jahre lang gab es auch örtlich ziemlich begrenzt häufig Leichenfunde, die eindeutig Mordopfer waren (Plastiktüte über dem Kopf und solcherlei), ich schreib jetzt mal nicht, welcher Strand das war. Meist liest man eher weniger darüber, welchen Verlauf und Erfolg die Ermittlungen genommen haben, die beiden großen Zeitungen, Nation und die Seychellesnewsagency sind auch eher mit Mißtrauen zu betrachten, wenn es um Negativschlagzeilen geht. Die Seychellen waren früher ein sozialistischer Einparteienstaat mit regierungsgesteuerten Medien, wenn man zu "heikleren" Themen etwas lesen möchte, gibt es andere Quellen. Wenn Dich sowas interessiert, kauf Dir während Deines Aufenthaltes mal die "Today in Seychelles" (hat so ein blaues Logo), das ist eine regierungsunabhängige Zeitung, in der man die Sachen liest, die sonst eher unter den Tisch gekehrt werden.
Ansonsten muß man sich mit den Leuten unterhalten. Wenn man Kontakte auf den Inseln hat, bei denen dann auch ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht, dann wirst Du schnell merken, daß jede Familie irgendwie durch Drogenkram belastet ist, ob das dann das Kind ist, dem auf dem Schulweg das Handy abgenommen wurde oder der eigene Verwandte, der während der Abwesenheit der Familie ins Haus eingebrochen ist. Am deutlichsten und traurigsten wird es einem aber vor Augen geführt, wenn Du die Inseln in regelmäßigen Abständen bereist und dort alten Bekannten wiederbegegnest. Leute, die Du vor 10 Jahren als fitte junge Menschen kennengelernt hast, die dann als ausgemergelte Gestalten da herumlaufen.
Marihuana zähle ich jetzt mal gar nicht mit. Viele männliche Seychellois betrachten sich als Rastafaris, und da gehört Shit rauchen zur Religionsausübung. Ich bin sogar eher der Meinung, daß das "Problem" der Seychellen vielmehr darin besteht, daß die idealen Anbaubedingungen und die Erfahrung der Anbauenden nicht für die Vermarktung von medizinischem Cannabis nutzen, so wie ich generell der Meinung bin, daß das Legalisieren der meisten Drogen eine positive Wirkung hätte, aber das ist natürlich nur meine persönliche Meinung.