Dschungelcamp an der Datumsgrenze

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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Eine geradezu unfaßbare Gier löst die Gabe von vier Hälften überreifer Papayas aus, die wir vor unserer Hütte ausbreiten. Die Tiere laufen plötzlich doppelt so schnell wie sonst auf die Beute zu, die sich vor unseren Augen samt Kernen und Schale in wenigen Minuten in nichts auflöst. Schätzungsweise 1 Kilo gärender Frucht, in Rekordzeit verteilt auf hundert winzige Krebsmägen.



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Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

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Klara
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Klara »

Die Nachtaufnahmen wirken richtig dramatisch, einfach suuuuuuper in Szene gesetzt. Die Fressorgie an der Papaya stelle ich mir schon fast widerlich vor. Gibt es denn auch Mücken oder ähnliche Plagegeister, die sich beim fotografischen "auf der Lauer liegen" über einen hermachen? War denn Baden im Meer möglich?
Danke + bitte weiter so
Klara
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Klara hat geschrieben: 19 Jun 2019 09:10Fressorgie
Nein, widerlich war da gar nichts. :lol:

Die Tiere sind eher niedlich. Sie krabbeln und fressen und krabbeln und fressen. Mücken gab es fast gar nicht, das lag aber am stetigen Wind, den wir während unseres Aufenthalts hatten. Baden ist schwieriger als Schnorcheln und beides funktioniert nur in Abstimmung mit Gezeiten, Strömungen und Windverhältnissen. Für einen ausgeprägten Badeurlaub kann man die Insel sicher nicht empfehlen. So waren auch wir in den 10 Tagen nur selten im Wasser.

Der Riffgürtel der Insel ist extrem breit und das Wasser bis hin zum Außenriff sehr flach. Das erschwert das Baden an fast allen Stellen sehr bzw. macht es oft unmöglich. Schnorcheln ist viel leichter zu realisieren, setzt aber einiges an Erfahrung voraus, wenn man das Riff dabei nicht beschädigen will. Schwimmen oder Schnorcheln hinter dem Außenriff wäre lebensgefährlich.
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Die Vogelpopulation auf Luahoko besteht im wesentlichen aus Rotfußtölpeln, die einige Besonderheiten unter ihresgleichen wie auch unter den Seevögeln im allgemeinen aufweisen. Sie sind die einzigen Tölpel, die in Bäumen nisten und sich überhaupt auf Ästen niederlassen können. Im Gegensatz zu ihren Verwandten können sie ihre Krallen und Schwimmhäute biegen und wer sich mal bewußt macht, daß er im Stadtpark noch nie eine Ente auf einem Ast hat sitzen sehen, versteht jetzt auch, warum.

Nur aufgrund dieser Eigenschaft sind die Tiere nicht bedroht, Räuber wie Ratten oder Füchse gelangen nicht auf Bäume. Die Hauptnahrung der Rotfußtölpel sind Fliegende Fische, die wir bei Bootsfahrten in der Lagune von Ha'apai, die mit mehr als 300 Metern eine außergewöhnliche Tiefe aufweist, ebenfalls beobachten können. Ausgesprochen scheu sind sie auch. Wir sehen sie zwar zu jeder Zeit am Himmel, sie jedoch aus der Nähe an Land fotografieren zu können, erweist sich als schwieriges Unterfangen.


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Erst nach einigen Tagen gelingt das erfolgreiche Anpirschen an einen der Nistplätze, dabei entstehen die folgenden Bilder aus etwa 15 Metern Entfernung. Das krebsartige Herankriechen im Korallengeröll des Strandes unter glühender Sonne bei gleichzeitig heftigem Wind und ohne Zuhilfenahme des Rollators sitzt mir noch heute in den Knochen. Dabei muß ich noch froh sein, daß nicht ich es bin, der bei dieser Aktion auf Tongas "Bird Island", das ja eigentlich ein "Crab Island" ist, von den Tieren frenkimäßig vollgeschissen wird. Nein, es ist die gute Suse, die es an einem der wenigen Tage, an denen sie nicht im Wald festgekettet wird, bei einem Strandspaziergang voll erwischt.


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foto-k10
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von foto-k10 »

Der sitzende Tölpel gefällt ...
mr.minolta hat geschrieben: 19 Jun 2019 20:08 ... und wer sich mal bewußt macht, daß er im Stadtpark noch nie eine Ente auf einem Ast hat sitzen sehen, versteht jetzt auch, warum.
Soll ich Dir Fotos von Enten auf einem Baum zeigen?
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

foto-k10 hat geschrieben: 19 Jun 2019 20:27Soll ich Dir Fotos von Enten auf einem Baum zeigen?
Ich wußte, daß das jetzt kommt! :wink:

Brauchst Du aber nicht. Auf Bäumen hab ich sie auch schon gesehen, aber nicht auf Ästen bzw. Zweigen, um die sie ihre Schwimmhäute biegen. Darum ging es hier! :wink:
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Pico
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Pico »

Wie spannend man Krebse fotografieren kann... Hut ab! Echt irre Fotos.

Ohje, und Tölpel trifft Tölpel... Äh, das mit dem zweiten Tölpel stammt ja von der Autorin selbst... :roll:
Ach, bringt bestimmt Glück!
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Pico hat geschrieben: 19 Jun 2019 21:44Krebse fotografieren
Nochmals vielen Dank! :oops:

Hier kommen gleich noch ein paar. Und Suse wird nachher wieder von der Kette gelassen! Dann darf sie weiter schreiben.



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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Frenki hat geschrieben: 20 Jun 2019 20:43... die gemeinsame Wiedergabe.
Mein bester Frenki! :D

Ja doch, das haben wir beim letzten Mal auch schon so ähnlich gemacht.

Gerade war der Foto-Upload-Server mehrere Stunden tot, jetzt geht er wieder und weiter geht es gleich auch im Text.

Wir danken Dir! :bounce:
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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

Da ich, im Gegensatz zum fotografierwütigen Ehemann, ja deutlich seltener mit einem schützenden Kasten vor den Augen herumlaufe, hätte das unschöne Fäkalereignis auch im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gehen können. Zum Glück trifft es nur die nackte Schulter, so daß das Produkt des nicht stubenreinen Tölpels im Ozean schnell abgespült ist. Womit wir dann auch gleich bei der Frage wären, die sich manch einer im Stillen vielleicht schon gestellt hat: Wo ist auf Luahoko eigentlich das Klo?

Es gibt natürlich keines, sondern lediglich die Auswahl zwischen Wasser und Sand. Beides hat Vor- und Nachteile. Während der Ozean die Spülung direkt eingebaut hat, bleibt man bei Variante Nr. 2 trocken, dafür muß man selbst zur Schaufel greifen:


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Wenn man einmal von der Möglichkeit absieht, sich die Sitzung durch Errichtung eines Donnerbalkens mittels Korallenstücken und Holzresten bequemer zu machen, ist die Auswahl an Möglichkeiten, mit dem Thema, über das niemand spricht, umzugehen, auch schon erschöpft.

Generell dürfen die Ansprüche an die Hygiene nicht zu ausgeprägt sein, wenn man sich auf Luahoko wohlfühlen will. Unser Fale von Sand freizuhalten ist ein beständiger Kampf mit Besen und einem zur Fußmatte umfunktionierten Handtuch. Was wir anfänglich für die Hinterlassenschaften von Vögeln gehalten haben, entpuppt sich als Häufchen der um das Haus herum lebenden Geckos. Aber dank des Moskitonetzes bleiben sowohl Bettwäsche als auch wir zumindest nachts geschützt.

Selbst wer nicht auf Tuchfühlung mit Krebsen und Krabben gehen mag, wird tagsüber spätestens beim Holzsammeln und Kochen verschwitzt und schmutzig, denn die Töpfe und Pfannen verrußen über der offenen Flamme umgehend. Da in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes aufgrund des starken Windes Schwimmen und Schnorcheln nahezu unmöglich ist, fällt der Ozean als Badewanne weg. Ein Mindestmaß an körperlicher Hygiene aufrecht zu erhalten gelingt, indem wir die vor Ort vorgefundene Campingdusche nur als schmales Rinnsal nutzen und das Brauchwasser zum nochmaligen Händewaschen in einem leeren Kanister auffangen.

Die mitgelieferte Menge an Süßwasser übersteigt den normalen Tagesverbrauch eines gesunden Menschen sicher um das Doppelte, dennoch bleibt uns die verzögerte Anreise beständig im Gedächtnis. Wir kalkulieren während des gesamten Aufenthaltes eine möglicherweise auch um mehrere Tage verzögerte Abholung ein und sind dementsprechend sparsam. Gelegentlich, wenn nach einem Tag der trügerischen Ruhe am nächsten Tag doch wieder stärkerer Wind aufkommt, spielen wir das Szenario, länger als geplant auf der Insel ausharren zu müssen, in Gedanken durch. Regenwasser sammeln, Krabben fangen, Kokosnüsse und Papayas ernten. Ernsthaft besorgt sind wir aber sowieso nicht, wir verlassen uns da auf Darrens jahrelange Erfahrung, der uns bei der Anreise versicherte: „In case of an emergency I will always come“. Der Notfall tritt für ihn übrigens bereits ein, sobald wir uns länger als 48 Stunden nicht über das Notfalltelefon gemeldet haben.

Täglich zwischen 16 und 16:30 Uhr ist der Anruf auf Foa vereinbart. Auf die Leistungsfähigkeit des älteren Mobiltelefons einer Generation, für die „internetfähig“ noch Science Fiction war, muß man insofern Rücksicht nehmen, als man sich eine Stelle an der Foa zugewandten Inselseite suchen muß, die wiederum so windgeschützt zu sein hat, daß man auch versteht, was am anderen Ende gesprochen wird. Duncans Frau Ruth nimmt die Anrufe entgegen. Ruth ist eine energische Person, trägt Boxer Braids und könnte einschüchternd wirken, sobald sie den Mund aufmacht, ist sie ganz die liebenswürdige Engländerin. So quäkt es mir allnachmittäglich abwechselnd „Hiii Hun, oh how lovely to hear from you“ oder „Helloooooo to the Robinsons“ aus dem Telefon entgegen, so daß die lästige Anrufpflicht eigentlich zum fröhlichen Kontakt mit der Außenwelt wird.

Wie der Mister, der, wenn es um seine Kamera geht, normalerweise so klingt:

https://www.youtube.com/watch?v=1MxrbopgZ14

schon selbst geschildert hat, verkraftet er hier auf Luahoko die zeitweise Trennung von der Minolta ohne seelischen Schaden zu nehmen, so daß er die ihm zugefallene Aufgabe des Holzsammelns problemlos verrichten kann und inzwischen fleißig durchs Unterholz kraucht.

Anfangs finden sich mehr als genügend Holz am Boden, später gehen wir dazu über, Äste von größeren Stücken Totholz abzubrechen. Das leichte Mangrovenholz ist auch nach kurzen Regenschauern schnell wieder trocken, ansonsten eignet sich auch die Strandhütte, durch die der Wind hindurchpfeift, gut als Trockenboden.

Bald haben wir auch genügend Erfahrung und wissen, daß für den Frühstückskaffee nach dem Entzünden des Feuers eine trockene Kokosnussschale als Brennmaterial genügt. Zum Glück muß weder das Kaffeewasser noch das normale Trinkwasser abgekocht werden. Die Filteranlage des Sandy Beach ist noch eine Hinterlassenschaft der früheren deutschen Eigentümer, die uns das Leben hier sehr erleichtert.

Unsere Essensvorräte sind reichlich, aber wenig abwechslungsreich. Da wir keinen Kühlschrank haben, müssen wir die frischen, verderblichen Dinge rasch aufessen. Papayas, Zwiebeln und Knoblauch verschwinden somit als erstes. Danach die Kartoffeln, deren Zubereitung aufgrund der langen Garzeit die größte Menge Holz erfordert. Dann bleiben noch Reis und Nudeln.

Da ich selbst unter idealen Umständen in einer vollausgestatteten Küche keine gute Köchin bin und auch wenig Ehrgeiz verspüre, dies noch zu werden, war klar, daß meine Kochkünste unter Bedingungen, wie sie auf Luahoko herrschen, nicht besser werden würden. Als Geheimwaffe habe ich daher diverse Würzmischungen im Gepäck. Die Idee entpuppt sich als grandios, Chinapfanne Chop Suey- und Quattro Formaggi-Pulver in Kokosmilch wechseln sich ab mit Tomatenmark und dem etwas fragwürdigen, ohne Kühlung haltbaren Konservierungsstoffschmelzkäse aus dem Chinaladen, der gar nicht mal so übel schmeckt und auch tatsächlich in der Soße schmilzt. Unter den gegebenen Umständen haben wir das Gefühl, recht gut und halbwegs abwechslungsreich zu essen. Ob die Ernährung auf Dauer so gesund wäre, ist allerdings eine andere Frage.

Fleisch fehlt auf dem Speisezettel fast vollständig. Eine Art Geflügelfleischwurst in Dosen verschönert das Frühstück, als das Brot aufgegessen bzw. der Rest im Tropenklima verschimmelt ist und uns nur noch Weetbix-Stücke bleiben, die ohne den Wurstbelag aus den Ohren stauben würden. Das Corned Beef, von dem wir voller Vorfreude mehrere große Büchsen gekauft hatten, erweist sich als nicht eßbar. Im Gegensatz zum mageren Fleisch in würzigem Aspik, als das wir Corned Beef kennen, sieht dieses hier aus wie etwas, das vermutlich die meisten Hunde verweigern würden.

Epeli Hau’Ofa, Tongas wahrscheinlich bekanntester und erfolgreichster Schriftsteller, schreibt in seinem Buch „Rückkehr durch die Hintertür“, die Tonganer seien nicht zuletzt deshalb so dick, weil Neuseeland ihnen nicht gerade sein bestes Fleisch verkaufe. Der Anblick der matschigen, von Fett- und Sehnengewebe durchsetzten Masse, läßt mich denken, daß das Buch, das als Sammlung satirischer Kurzgeschichten verkauft wird, zumindest in diesem Fall vielleicht gar nicht so satirisch ist.

Zum Glück sind wir ja nicht im wirklichen Dschungelcamp und somit nicht gezwungen, das Gruselfleisch zu essen, um Sterne zu verdienen. Die Sterne werden uns hier auf Luahoko sowieso geschenkt.

Da unsere Arbeitsteilung bei der Essenszubereitung zunehmend gut klappt, sind wir meist noch im Hellen fertig mit allen Pflichten und rücken aus zum Sonnenuntergang gucken. Während die Sonne über Kao untergeht, zeigt sich etwas weiter links an manchen Abenden der Vulkankegel von Tofua und steht wie ein stummer, imposanter Wächter weit im Westen am Rand der Lagune.


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Zuletzt geändert von Suse am 20 Jun 2019 21:53, insgesamt 5-mal geändert.
Wenn du keine Kokosmilch hast, machste einfach normales Wasser.
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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

Wenn die Nacht hereinbricht, entfaltet sich in wolkenlosen Nächten ohne nennenswerten menschengemachten Lichteinfall ein unfassbar schöner Sternenhimmel. Leider sind wir diesbezüglich nicht besonders bewandert und unsicher, ob das, was wir für den Großen und Kleinen Wagen halten, wirklich diese Sternbilder sind, oder ob es hier auf der anderen Seite der Welt vielleicht ganz andere gibt. Lediglich die Lichterkette der Landebahn von Pangai erkennen wir ganz sicher, eine kleine Erinnerung, daß man doch nicht ganz allein ist, hier so mitten im Universum.

Sofern wir nicht gerade Palmendiebe mit Kamera und Kopflampe jagen, verbringen wir die Abende auf der Veranda. Wir gehen mit dem Strom ebenso sparsam um und teilen uns Musik und eReader sorgfältig ein. Lediglich einen Bucketlist-Eintrag gibt es, den ich abzuhaken gedenke. Einmal in dieser stockfinsteren Umgebung mit all den fremdartigen Geräuschen einen Horrorfilm schauen. Letztlich ist der Film nicht wirklich gruselig und die Umgebung ja sowieso nicht, aber immerhin mal eine Abwechslung.

Die Tage beginnen früh, meist erwachen wir kurz vor Sonnenaufgang durch die Geräusche der Vögel, die sich bereit machen für den ersten Ausflug. Auf die Uhr müssen wir schon lange nicht mehr schauen, sondern können die Zeit auf die Viertelstunde genau bestimmen.

Noch vor dem Frühstück führt der erste Weg an den Südstrand, wo im ersten Morgenlicht die Tölpel und Schwalben über uns kreisen. Der Gang dient auch der Beurteilung der Wetterlage. Manchmal sieht es aus, als hätten sowohl Lifuka, Foa und Ha’ano jeweils ihre eigene kleine Gewitterzelle. Meist haben wir Glück und der beständig aus Südost wehende Wind treibt den Regen an Luahoko vorbei.


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Nach dem Frühstück verbringen wir die Zeit teils gemeinsam, teils getrennt. Während der Mister mit der Minolta unterwegs ist, kann ich stundenlang auf einem Fleck verharren und warten, ob die Natur zu mir kommt. Mein Lieblingsplatz auf der Insel ist eine Stelle an der Ostküste mit viel Totholz, die aussieht, als wüchsen Baobabs an der Ostsee.

Manchmal verbringen wir Stunden im Inselinneren vor dem Fale und Beobachten die Eidechsen, Geckos und natürlich die Purzel. Dabei drehen sich die ausgetragenen Kämpfe durchaus nicht immer nur um Futterbrocken, sondern manchmal auch um ein verlassenes Schneckengehäuse, dem der vorherige Bewohner vermutlich entwachsen ist. Der Häuschenwechsel, den wir tatsächlich mehrmals beobachten können, geht blitzschnell vonstatten, wobei der umzugswillige Purzel sich mit den kräftigen Zangen am neuen Haus abstützt und den Hinterleib in einem Schwung in das Gehäuse befördert, daß er aussieht wie ein winziger Florian Hambüchen am Seitpferd.

Es gibt so viel zu tun und zu schauen, daß die Zeit nur so verrinnt. Daß wir bislang noch nicht einmal richtig geschwommen oder geschnorchelt sind, haben wir verschmerzen können, umso schöner, daß es an den letzten Tagen dann doch noch klappt. Der Wind hat sich endlich gelegt und es ist beständig schön und heiß. Wir schnorcheln bis zu den nah an der Riffkante gelegenen Sandflächen hinaus. Die Strömung ist gering, so daß man sich ohne viel Anstrengung auf der Stelle halten und die Korallen, Fische und Nacktschnecken betrachten kann.

Einmal aus dem Wasser heraus, bleibt nichts weiter zu tun, als die Schnorchelausrüstung irgendwo zum Trocknen abzulegen und das selbe mit sich selbst irgendwo an einer Stelle des Strandes, wo es beliebt. Mit Lichtschutzfaktor 60 in die Sonne oder irgendwo unter den Bäumen im Schatten, wir haben die Wahl, es ist alles für uns. Man redet, oder auch nicht, man träumt, schlafend oder wach, von zukünftigen Reisen hierher. Bis der Sonnenstand zeigt, daß es bald 16 Uhr ist. So better call Ruth.

Und irgendwann ist er dann da, der vorletzte Tag, an dem sie mir mitteilt, daß wir morgen gegen 10 Uhr abgeholt werden. So früh? Damit hatten wir nicht gerechnet.

Wir sind aufgefordert, unser Zeug fertig gepackt und verladebereit zu haben, denn möglicherweise ist es morgen wieder windig und es muß wieder schnell gehen. Wir mögen nicht packen, nicht jetzt, nicht morgen, überhaupt nicht. Aber wie das immer so ist, alles Schöne hat ein Ende, vielleicht wären wir sonst der Insel auch irgendwann überdrüssig, wer weiß. Trotzdem haben wir das Gefühl, daß wir hier, wo die Zeit beginnt, den Tag geradezu gen Westen verschwinden sehen können, als ein letztes Mal die Sonne über Kao unter- und ein gigantischer Vollmond aufgeht, der uns beim letzten Gang an den Südstrand scharfe Schatten werfen läßt.


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Ein klein wenig freue ich mich auch auf Foa, auf Tongatapu und auf Eua. Es gibt zahlreiche Bücher von Menschen, die ihr Robinson-Abenteuer auf einsamen Inseln überall auf der Welt beschrieben haben. Einige davon habe ich vor der Reise gelesen, manche gefielen mir stilistisch besser als andere, manche inhaltlich. Eines hatten sie jedoch fast alle gemeinsam: Das Land, zu dem die jeweils besuchte einsame Insel gehörte, blieb fast immer weitestgehend außen vor.

Diese Art von totaler Zivilisationsflucht würde für mich nicht funktionieren. Ich könnte es mir nicht vorstellen, Tonga oder ein anderes Land zu bereisen, mich direkt auf der Insel absetzen zu lassen und über den „Lebensmittelbringdienst“ hinaus keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung zu haben, nichts über Kultur, Traditionen und auch die aktuelle Lebenssituation der Menschen zu lernen.

Am nächsten Morgen sitzen wir auf gepackten Koffern. Während ich mich gerade von den Purzeln verabschiede, ruft mein Mann, der am Südstrand Posten bezogen hat: Sie kommen!


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Wenn du keine Kokosmilch hast, machste einfach normales Wasser.
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

Die Begrüßung ist herzlich. Obwohl wir die Menschen kaum kennen, läßt es die Situation so wirken, als träfen wir alte Bekannte wieder.
Das Gewusel beim Be- und Entladen des Bootes und die vielen Fragen der Crew lassen dann den Abschiedsschmerz auch gar nicht richtig aufkommen, als die Insel hinter uns zurückbleibt. Dann schaltet Darren die Musik ein und das Abenteuer Luahoko bekommt seinen Abspann.

Im Sandy Beach angekommen gibt es zur Begrüßung einen Cocktail, der es ordentlich in sich hat. Nachdem wir 10 Tage lang so sparsam mit unserem 32 Euro-Whisky umgegangen sind, sitzen wir bald selig grinsend vor unseren mit Hibiskusblüten dekorierten Kokosnüssen. Wir sind zurück und im Moment funktioniert das gerade mit dem Sprichwort: Nicht traurig zu sein, daß etwas vorbei ist, sondern froh sein, daß es gewesen ist.

In Fale Hiva ist alles unverändert. Die erste Dusche ist unglaublich, ich hatte schon ganz vergessen, was so ein normales Duschgel für eine Duftexplosion bedeutet. Der Duft wird jedoch bald überlagert vom Geruch des Off, das hier in der windstillen Bucht vor dem Sandy Beach leider wieder dringend notwendig ist, die Mücken haben sich schon die Lätzchen umgebunden.

Dann werden die Handys herausgeholt, das W-Lan aktiviert, die zurückgebliebenen Mütter mit Lebenszeichen versorgt. Auch wir waren ja nun 10 Tage ohne Neuigkeiten aus der restlichen Welt und lesen die Nachrichten. Doris Day ist gestorben, was wir traurig finden. Baby Sussex wurde geboren, was wir interessant finden. Daß wir uns überhaupt für den royalen Nachwuchs interessieren, hat wiederum mit Gita zu tun, die nach ihrem Durchzug im vergangenen Jahr für erhebliche Überschwemmungen und eine Mückenplage gesorgt hatte, die eine Dengue- und Zika-Epidemie befürchten ließ. Umso erstaunter waren wir, daß der Queen-Enkel und seine damals bereits schwangere Ehefrau im Oktober 2019 das Risiko eingingen, Tonga und andere pazifische Inselstaaten zu besuchen.

Von einem schweren Unglücksfall, bei dem zwei eigentlich erfahrene tonganische Seeleute ertrunken sind, hatten wir bereits vor der Reise erfahren. Im tiefgläubigenTonga hatte dies weitreichendere und konsequentere Auswirkungen als es vermutlich in den meisten anderen Ländern gehabt hätte. Aus Respekt vor den Verstorbenen wurden bereits fest terminierte Konzerte internationaler Stars abgesagt, da solche Vergnügungen den Familien der Verunglückten als nicht zumutbar betrachtet wurden. Bezeichnend für den starken gesellschaftlichen Zusammenhalt in diesem Land war, daß in allen Zeitungsartikeln konsequent der Begriff „Nachbar“ für die Verstorbenen gebraucht wurde, obwohl sie weder in der Nähe des Ortes, an dem das Konzert stattfinden sollte, gelebt hatten, ja noch nicht einmal auf der gleichen Insel. Wie wir nun erfahren, handelte es sich bei einem der Toten um den Besitzer unserer Unterkunft auf Eua, die daraufhin von der Witwe des Verstorbenen auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde. Die örtliche Agentur Jones Travel wurde damit beauftragt, uns in ein anderes Resort umzubuchen, über das wir nur wenige Informationen finden. Eua ist von allen Inseln Tongas vermutlich die am wenigsten touristisch erschlossene und wir sind gespannt, was uns dort nun erwarten wird.

Auch am kommenden Tag ist das Wetter beständig schön, aber der Wind ist zurück. Von unseren Plänen, in dem Kanal zwischen Foas Nordspitze und der Königsinsel mit Leopardenhaien zu schnorcheln können wir uns verabschieden. Aber es gibt anderes zu entdecken.
Zuletzt geändert von Suse am 20 Jun 2019 22:55, insgesamt 1-mal geändert.
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