Dschungelcamp an der Datumsgrenze

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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Pico hat geschrieben: 15 Jun 2019 19:04Wahnsinn!
Ja! :bounce:

Danke dass ihr uns wieder so unterhaltsam und mit fantastischen Bildern an eurer echt spannenden und außergewöhnlichen Reise teilhaben lasst. :bounce:

Sehr gerne! Wir freuen uns auch! Das war auch erst die Einleitung, da kommt noch viel mehr... I)




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Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
belize
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von belize »

Danke für die Fotos, das sieht fantastisch aus! Find ich witzig: Das Inselchen liegt so erhöht... so kenne ich kleine Inseln gar nicht (ich kenn sie eher flach!) Und ganz schöner Wellengang! Aber dafür sicher wenig Mozzies.

Ich freu mich auf die Fortsetzung.

Ist das eine Foto mit dem STrand (könnte zur Abfahrt nach Luahoko passen) der STrand vom Sandy Beach Resort? Oder Matafonua?


Toll! :bounce:
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

belize hat geschrieben: 16 Jun 2019 12:06Das Inselchen liegt so erhöht...
Das ist ein ganz normales Profil!

Anderenfalls würde die Insel bei Flut, wie auf dem letzten Foto, komplett überspült werden. Bei Ebbe liegt sie also noch höher. Vielleicht wirkt es aber so hoch, weil man hier gerade auf eine Schmalseite blickt.
Ist das eine Foto mit dem STrand (könnte zur Abfahrt nach Luahoko passen) der STrand vom Sandy Beach Resort? Oder Matafonua?
Das ist am Sandy Beach. Bild
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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

Die große Zahl der Landeinsiedlerkrebse fällt in dem Moment auf, in dem man die Insel betritt. Bereits am Strand sind sie zahlreich, um die Hütte herum sind sie in einer Menge vertreten, die wir so noch nicht gesehen haben. Winzigkleine, mittlere, große, in Schneckenhäusern unterschiedlichster Form und Farbe. Daß sie hier in dieser Menge vorkommen, ist mit Sicherheit auf den Umstand zurückzuführen, daß die hier mehr oder weniger regelmäßig wohnenden Touristen freigiebig mit ihren Essensresten sind.

Da die Insel vor unserer Ankunft eine Zeitlang unbewohnt war und die armen Krebse somit auf die vergleichsweise karge Kost angewiesen waren, die eine normale Tropeninsel so abwirft, reagieren die mit einem feinen Geruchssinn ausgestatteten Tiere auf den Duft der Tomatensoße wie eine Herde Shetlandponys auf das Knistern eines Bonbonpapiers und kommen angaloppiert.

Jetzt merkt man erst, wie viele es wirklich sind. Es sieht aus, als sei der Boden unter unseren Füßen lebendig geworden, aus allen Himmelsrichtungen streben sie so schnell sie können auf uns zu, geraten sich in die Quere, kullern über Stöcker, Steine, Wellblechplatten und einander. Und weil das so niedlich aussieht, wie sie da aufgeregt zu unseren Füßen hin und her purzeln, taufen wir sie kurzerhand so.


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Am ersten Abend bleiben leider keine Reste übrig, um die Purzel glücklich zu machen, aber Ameisen und Fliegen hätten sicher noch ihre Freude an den in den Töpfen klebenden Resten. Leider hat die vor der Reise ausdiskutierte Aufgabenverteilung das Geschirrspülen mir eingebrockt.

Es wäre uns wohl ohnehin bewußt gewesen, aber spätestens die witterungsbedingt verzögerte Anreise hat uns dafür sensibilisiert, wie sehr wir hier draußen von den Bedingungen abhängig sind, die die Natur diktiert. Möglicherweise wird sich ja auch die vorgesehene Abholung verzögern, wenn das Wetter nicht mitspielt. Egal, welchen Wert unser Fotoequipment und sonstige Spielereien der Unterhaltungselektronik so haben mögen, die da oben den Tisch im Fale vollmachen - das Süßwasser in den Kanistern ist von jetzt an unser wertvollster Besitz und wir gehen entsprechend sparsam damit um. Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, es für das Spülen des Geschirrs zu verschwenden, und schleppe den ganzen Kram nach dem Essen an den Strand.

Eine halbe Stunde später und reichlich zerzaust bin ich zurück. Noch habe ich die Technik nicht heraus, die verhindert, daß gespülte Plastikteller im Wind davonfliegen, während mich die Strömung halb umreißt, obwohl ich nur bis zu den Knöcheln im Wasser stehe. Das Schrubben der Töpfe mit Korallensplit klappt von Anfang an ganz gut. Das Laufen am Strand allerdings weniger. Der Sand ist grob und durchsetzt mit großen Korallenstücken und Muschelscherben, die sich ständig zwischen Füße und Flipflops quetschen, so daß sich ein von leisen „autschautschautsch“-Rufen untermaltes Otto Waalkes-artiges Hüpfbild entwickelt, während ich das saubere Geschirr zurücktrage. Das kann man mit reduzierter Geschwindigkeit direkt beibehalten, wenn man den Dschungelpfad erreicht hat, der vom Strand zum Haus führt, denn ab hier gilt es den Purzeln auszuweichen, was in der Dämmerung nicht einfacher wird.

Einer von ihnen leistet uns bei unserem ersten Sonnenuntergang auf der Insel Gesellschaft.


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Die Nacht bricht früh herein und wie überall in bewaldeten Gegenden ohne Lichtverschmutzung wird es hier so stockfinster, daß man die sprichwörtliche Hand vor Augen nicht mehr sieht. Wir ziehen uns auf unsere Veranda zurück. Jetzt, wo die Pflichten erst einmal erledigt sind und wir zur Ruhe kommen, werden wir uns unserer Umgebung erst richtig bewußt.

Wir haben offensichtlich einen Nachbarn, ein missgelaunter Tölpel wohnt irgendwo links von uns in einem Baum und tut gelegentlich seinen Unmut über unseren Musikgeschmack kund. Im Laufe der Zeit finden wir heraus, was er mag und was nicht. Bei Nelson Riddles „Lamento“ lauscht er schweigend, bei Aquas „Barbie Girl“ gibt es gekrächzte Beschwerden wegen Ruhestörung. Ist wohl schon ein älterer Tölpel.

Ansonsten wird die Stille nur durch das Rauschen des Blattwerks und vom Klacken der aneinanderstoßenden und von
irgendwelchen Baumstämmen oder Wellblechstapeln herunterkullernden Purzel gestört, Laute, die menschengemacht anmuten, an die wir uns aber schnell gewöhnen. Weder sind wir angespannt noch besorgt. Wir rechnen zu keinem Zeitpunkt damit, Opfer von Kriminalität zu werden.

Es ist keineswegs so, daß Tonga das Paradies der in ewiger Glückseligkeit vor sich hin dösenden Menschen wäre. Auch hier gibt es Unzufriedenheit, gerade durch die Auslandserfahrungen werden Begehrlichkeiten erweckt, Drogengebrauch ist nicht selten. Genau genommen hat das Land die klassische Entwicklung Marihuana -> Heroin -> Crack übersprungen und sich direkt dem Crystal Meth zugewandt. Regelmäßig werden in dem kleinen Hafen auf Tongatapu enorme Mengen hops genommen und die Schmuggler zu hohen Haftstrafen verurteilt. Es gibt alle mit dem Drogengebrauch einhergehenden Begleiterscheinungen wie gesteigerte häusliche Gewalt und Beschaffungskriminalität.

Tonga verfügt jedoch über eine Legion unbewohnter, einsamer Inseln, so daß es mehr als unwahrscheinlich ist, daß ausgerechnet hier irgendwelche Schmugglerbanden oder andere Tunichtgute vorbeikommen sollten, die dumm genug wären, die Gäste des größten Arbeitgebers von Ha‘apai zu belästigen. Lediglich ein paar Fischer könnten eventuell einmal Rast machen, erklärte uns Darren bei der Ankunft, zu befürchten hätten wir aber nichts, die Menschen seien freundlich. Was er nicht wissen konnte, war, daß wir die Frage nach eventuellen Besuchern eigentlich mehr mit dem Hintergedanken gestellt hatten, wie bekleidet wir denn am Strand so sein müßten, um sittenstrenge tonganische Fischer nicht etwa mit dem Anblick unserer Alabasterkörper zu traumatisieren.
Wenn du keine Kokosmilch hast, machste einfach normales Wasser.
- Grubi -

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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

Als wir am nächsten Morgen vom Licht des heranbrechenden Tages geweckt werden, benötigen wir noch den Blick auf die Armbanduhr. Bald lernen wir, die Tageszeit anhand des Sonnenstandes und der Tierlaute abzulesen. Nicht nur der missgelaunte Ruhestörungstölpel, sondern auch ein Pärchen Singvögel lebt auf der Insel. Es scheinen hier die einzigen ihrer Art zu sein und sie tragen erheblich zur Verschönerung der Geräuschkulisse bei. Wir bekommen die Tiere nur wenige Male zu Gesicht, halten sie für eine Starenart und genießen ansonsten ihr melodisches Flöten, das sie besonders in der Morgendämmerung von sich geben.

Die Tölpel und Seeschwalben nutzen derweil die Thermik bei Sonnenaufgang. Der morgendliche Lauf zum Südstrand, um sie dabei zu beobachten, wird bald ein festes Ritual. Es dauert dabei eine Weile, bis auch unser Unterbewusstsein akzeptiert hat, daß wir hier allein sind, und uns nicht mehr vorgaukelt, es könne jeden Moment jemand um die Ecke biegen. Dann jedoch sind wir völlig unbefangen, bekleiden uns nur noch mit dem Nötigsten und abhängig von den Witterungsverhältnissen des jeweiligen Tages und laufen glücklich wie die Kinder am Strand herum.


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Unsere Ansprüche an die Insel mögen damit bescheiden sein, denn wie uns Darren erzählt hat, gibt es durchaus Menschen, die mit tiefergehenden Anliegen hierher kommen. Alleinreisende Sinnsuchende oder die Hardcoreversion mit zwei Überlebensexperten, die sich ohne Trinkwasser und Verpflegung nur mit einer Machete und einer Harpune hier aussetzen ließen.

Wir befinden uns weder auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, uns selbst oder der Erleuchtung. Was wir von uns selbst erwarten können, wissen wir, ebenso, was nicht. Wir sind gekommen, die Natur zu genießen, nach unserem eigenen Rhythmus, unendlich viel Zeit zu haben zu schauen, zu riechen, zu fühlen. Ob uns der Aufenthalt auf der Insel verändern wird, lassen wir mal entspannt auf uns zukommen.

Es gibt auf der Insel, soweit wir es feststellen konnten, leider keine Farne, wie es überhaupt in Tonga nur verschwindend wenige Farnarten gibt, wenn man es beispielsweise mit einem ja gar nicht sehr weit entfernten Land wie Fiji vergleicht. Dafür eine ansonsten abwechslungsreiche Vegetation in Kombination mit Strand und fossilem Korallenriff, die Schwalben, die Tölpel, die Krabben und natürlich unsere Purzel. Und zum Glück den Mister, der das alles mit Hingabe fotografiert.


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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

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belize
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von belize »

Herrlich, einfach herrlich!

Ich war eben so fasziniert, dass ich meinen Kindern gegenüber unwirsch wurde, als sie ins Zimmer kamen.
Ich freue mich auf Dienstag und falls Suse die Farne so gern mag, müsst ihr, falls ihr dort noch einmal sein werdet, in Neuseeland Halt machen. Ich bin dann auch mobil dort.
Das nur nebenbei.
Es ist ein wunderbarer Bericht und ich kann mir gut vorstellen, dass ihr alles noch einmal erlebt, wenn ihr das schreibt. Ich warte ja auch noch auf Suses Kaffeeantwort... Kaffee aus Tonga? Habt ihr gebrüht oder instant?

Bis Dienstag ist ja nicht mehr lang. Vielen Dank
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foto-k10
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von foto-k10 »

nmah9xxo2.jpg
nmah9xxo2.jpg (146.82 KiB) 18707 mal betrachtet
Ich konnte nicht wiederstehen ... :mrgreen:
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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

belize hat geschrieben: 16 Jun 2019 16:56 Ich warte ja auch noch auf Suses Kaffeeantwort... Kaffee aus Tonga? Habt ihr gebrüht oder instant?
Auf Luahoko hab ich Instant-Kaffee getrunken, das war aber kein tonganischer Kaffee, sondern irgendein Nescafé oder so'n Zeug, das ich sonst nie anrühren würde, ich hatte aber keine Kaffeefilter mit. Ansonsten gabs überall frisch gebrühten Tonga-Kaffee. Ich hab säckeweise davon mitgebracht, soviel in den Koffer paßte. Angebaut wird der auf Tongatapu, aber wo genau ich den gekauft habe, das kommt noch, da müßte ich jetzt spoilern. :wink:
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Suse
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Suse »

foto-k10 hat geschrieben: 16 Jun 2019 17:53 nmah9xxo2.jpg
Ich konnte nicht wiederstehen ... :mrgreen:
Das Landleben hinterläßt halt seine Spuren! :oops:
Ich hätte das Foto abends nach dem Geschirrspülen machen sollen, da waren sie immer sauber. :lol:
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Klara
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Klara »

Danke, liest und guckt sich wieder sehr erbaulich.
LG
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Karambesi
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von Karambesi »

Einfach ein Wahnsinn, ich verschlinge euren Bericht förmlich, was für toller Urlaub, genau nach meinem Geschmack.

Die Campingdusche, ganz genau die gleich habe ich auch auf meiner Almhütte, nur bei mir ist das Wasser halt kälter .

Einfach nur ein ganz großes DANKE !!!! an Euch.
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Karambesi hat geschrieben: 17 Jun 2019 14:45... genau nach meinem Geschmack.
Es freut uns sehr, daß es Dir so gefällt! Bild

Die Dusche war in unserem Fall übrigens nur bedingt tauglich. Am vorletzten Tag ist dieser unterdimensionierte Nippel des Ventils beim Betätigen abgebrochen. Wir behalfen uns dann mit einem der Wasserkanister, der in liegender Position mit nur halb vom Gewinde gedrehten Deckel die gleiche Funktion erfüllte. :wink:
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mr.minolta
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Dieses Drohnenfoto aus jüngerer Zeit zeigt die Insel in ihrer ganzen Pracht.

Irgendwie zu schön um wahr zu sein und dennoch Realität. Ein Paradies für die tierischen Bewohner und manchmal auch für zwei Menschen und eine Minolta... :wink:


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Viel wilder und landschaftlich abwechslungsreicher als erwartet empfängt uns die Insel und schon die erste von zahllosen noch folgenden Umrundungen mit der Kamera erscheint wie eine Offenbarung für jeden an der Natur interessierten Reisenden. Schnell wird dabei deutlich, daß es nicht die Vögel sind, die die Insel beherrschen, sondern die Einsiedlerkrebse und Krabben, die sämtliche topographischen Zonen besiedeln. Zunächst gibt es nur die Schätzung, daß es Tausende sein müssen, bis ich sie schließlich überschlägig zähle... Allein in direkter Nachbarschaft unserer Hütte krabbeln Tag und Nacht ca. 3000 Individuen über sandigen Boden, durch feuchtes Unterholz und in die untersten Etagen der Bäume, aus denen sie bei Verlust des Gleichgewichts herabfallen, um nicht selten mit lautem metallischen Knall auf der Wellblech-Umrandung der Feuerstelle zu landen.


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Die gesamte Population der Insel kann man nur schätzen, sie dürfte mindestens fünfstellig sein. Lebensmittelvorräte müssen akribisch verschlossen werden, um sie vor den gierigen Mini-Monstern zu schützen, die sich darüber hinaus über jede Art von Müll und Abfall hermachen. Den hängen wir deshalb in die Bäume, in verschlossenen Plastiktüten, die an jenem schrecklichen Tag, an dem man uns hier wieder abholen wird, ebenfalls auf dem Boot den Rückweg in die Zivilisation antreten werden. Unsere Müllstrategie ist aber nur bedingt erfolgreich. Nach einigen Tagen haben es die ersten Exemplare bis auf die unteren Äste geschafft und versuchen dort verzweifelt, die zugeknoteten Müllbeutel zu öffnen. Die Gefechte, die sie dabei untereinander um die besten Plätze austragen, enden früher oder später im Sturz vom Baum, was immer wieder für Belustigung sorgt.


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Als wäre dies noch nicht genug; auch der König der Krebse, der größte landlebende Arthropode der Welt, läßt sich blicken: Palmendiebe verlassen nachts das Dickicht des Regenwaldes und obwohl es sich noch um Jungtiere von der Größe einer abgeschälten Kokosnuß handelt, sind sie deutlich größer als ihre Verwandten, die sich hier zu Tausenden verbreitet haben. Wir verfolgen sie bei Dunkelheit mit Lampe, Kamera und Rollator im hohen Gras, sie sind sehr scheu und vorsichtig, wenn ihnen auch kein Artverwandter Konkurrenz machen kann. Anfassen verboten, das kostet schnell mal einen Finger...


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Auf allen Vieren kriechen wir unter die Hütte, wo sich nach Sonnenuntergang besonders viele Tiere versammeln. Auch der überwiegend nachtaktive Erdbeer-Einsiedler erscheint im Licht der Taschenlampe.


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Ein ganz ungewohntes Gefühl ist für mich als Wertgegenstands-Paranoiker die Tatsache, daß ich die Kameratasche völlig unbewacht überall auf der Insel herumliegen lassen könnte. Tatsächlich verbleibt der Rest der Ausrüstung immer im offenen Haus oder davor, wenn ich mich mit der Knipse und einem Objektiv meiner Wahl oder auch der Videokamera auf den Weg mache, die Insel zu umrunden, um eine weitere Expedition in's Tierreich zu unternehmen.
Zuletzt geändert von mr.minolta am 18 Jun 2019 03:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Dschungelcamp an der Datumsgrenze

Beitrag von mr.minolta »

Genau 10 Minuten braucht es, mit zügigem Schritt einmal herumzulaufen und bis zu zwei Stunden dauert eine Fototour, wenn ich mich hier und da auf die Lauer lege. Gleich am ersten Nachmittag glaube ich, aus größerer Entfernung Papageien über die brandungsumspülten Felsen hüpfen zu sehen, aber nein, es sind Felsenkrabben von beträchtlicher Größe. Noch scheuer als ihre die Palmen bestehlenden Kollegen sind sie und es erfordert rund 10 Minuten Geduld und völlige Bewegungslosigkeit, bevor sie, zuvor in Felsnischen geflüchtet, sich wieder blicken und fotografieren lassen. Das bloße Drehen des Zoomrings am Teleobjektiv wird noch aus etlichen Metern Entfernung registriert und macht die Tiere in Sekundenschnelle wieder unsichtbar. Nach zwei bis drei Tagen haben sie sich jedoch an mich gewöhnt und sind deutlich gelassener.


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