Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

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Klara
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Klara »

Suse hat geschrieben:
Es ist wie bei einem schlimmen Unfall, man kann nicht wegsehen, ich bin ganz fasziniert, wie er da in 30 Meter Höhe mit den Armen rudert und sich in seine Rede hineinsteigert. Ich habe einige mehr oder weniger religiöse Menschen im Verwandten- und auch Bekanntenkreis, aber noch nie ist mir jemand so gekommen. Und einem waschechten Kreationisten bin ich auch noch nie begegnet. Keine Ahnung, wie man auf so jemanden reagieren soll. Sicherheitshalber unterdrücke ich ein Grinsen. Darwin and the Dinosaurs, das klingt wie der Name einer Rockabillyband. :lol:
Ist die Ansprache eines solchen Typen nicht fast so eindrucksvoll wie das Entdecken einer Kannenpflanze? :mrgreen: Hat doch was, so ein Erlebnis. Wie sagt Dein Mr. so schön, man sieht es,....

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Suse
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Klara hat geschrieben: In die Entengrütze wär ich ja nicht zum Schnorcheln gestiegen, wenn man beim Reingehen so gar nicht sieht was auf einen zukommen könnte. Riecht die nicht auch immer etwas?
Das ist nicht so schlimm, wie es auf den Bildern aussieht. Das schwimmt ja nur auf der Oberfläche und man schiebt das dann mit der Flosse ein bißchen beiseite, bevor man reinsteigt. Dann sieht man gut, das Wasser ist ja kristallklar. Und die Tiere sind zutraulicher, die fühlen sich sicherer, die Fische haben mich ganz nah herangelassen. Man hat es halt nachher nur überall kleben, aber unangenehm riechen tut es nicht.
Klara hat geschrieben: Ist die Ansprache eines solchen Typen nicht fast so eindrucksvoll wie das Entdecken einer Kannenpflanze? :mrgreen: Hat doch was, so ein Erlebnis. Wie sagt Dein Mr. so schön, man sieht es,....
Ja klar. Also die Kannenpflanze macht mir schon mehr Freude, aber solche Begegnungen, auch die mit den eher verhaltensoriginellen Menschen, sind ja irgendwie die Würze des Urlaubs und geben später, wenn man sich daran erinnert, gute Lacher her. Wenn ich das nicht so betrachten könnte, wäre ich vermutlich kein zweites und schon gar kein drittes Mal auf die Seychellen gereist. Rückblickend finde ich das total ulkig, wie dieser Taxifahrer auf La Digue (der anstelle des eigentlich bestellten Ochsentaxis und außerdem 10 Minuten zu früh auftauchte) damals ausgerastet ist, weil ich ihm zu langsam war. :lol: Damals fand ich das allerdings grenzwertig und hab mich schwer zusammenreißen müssen. In der Situation direkt ist das ja dann noch was anderes, dieser Prophet da war mir auch ein bißchen unheimlich. Man weiß ja nicht, wie weit der Fanatismus geht, er war ja ganz offensichtlich auch ein Waffennarr. Ich hätte in der Situation nicht direkt antworten mögen, was mir auf der Zunge lag. :shock:
Wenn du keine Kokosmilch hast, machste einfach normales Wasser.
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Klara
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Klara »

Suse hat geschrieben: Rückblickend finde ich das total ulkig, wie dieser Taxifahrer auf La Digue (der anstelle des eigentlich bestellten Ochsentaxis und außerdem 10 Minuten zu früh auftauchte) damals ausgerastet ist, weil ich ihm zu langsam war. :lol:
Herrlich, Du als Deutsche. Uns erzählte ein Taxifahrer auf Mahé, die Deutschen seien immer zu früh dran und hätten es eilig. Ich war auch mal zu spät dran, wunderte mich nocht, dass der Göttergatte so drängelt und meckerte den an, dachte ist doch noch nicht so spät, eh ich schnallte, dass meine Uhr das Salzwasser wohl nicht vertragen hatte und ab und zu einfach stehen blieb :lol:
Suse hat geschrieben: Damals fand ich das allerdings grenzwertig und hab mich schwer zusammenreißen müssen. In der Situation direkt ist das ja dann noch was anderes, dieser Prophet da war mir auch ein bißchen unheimlich. Man weiß ja nicht, wie weit der Fanatismus geht, er war ja ganz offensichtlich auch ein Waffennarr. Ich hätte in der Situation nicht direkt antworten mögen, was mir auf der Zunge lag. :shock:
Das halte ich auch für klug, hätte ja eh nichts gebracht und provozieren würde ich da auch nicht. Aber die Erinnerung ist sicher toll.
LG
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Pico
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Pico »

Herrlich; ich fühle mich fast so, als wäre ich dabei gewesen!

Schnorcheln über so einem Blautopf, die Vorstellung finde ich faszinierend.
Tolle Naturlandschaften habt ihr da gesehen!

Wisst ihr ob es (am Alligator Lake) generell immer so viele Libellen gibt oder ob es von Jahr zu Jahr verschieden ist und es immer wieder mal eine Schwemme von ihnen gibt?
Wir haben dieses Jahr besonders viele Libellen im Garten (kann auch am ungewöhnlichen Sommer liegen!), aber dieses Jahr überwiegend nur eine Art, die letzten Jahre gab es die weniger und dafür andere mehr, die ich dieses Jahr gar nicht gesehen habe (z.B. Mosaikjungfer).
Nun gut, wer weiß das schon wirklich... :roll:

Deine Suche nach der Schlauchpflanze Suse ist ja schon bewundernswert; ja, ein wenig verrückt, aber das macht euren Urlaub doch aus. Genauso wie die Begegnung mit eigenartigen Eingeborenen. :lol:
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mr.minolta
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von mr.minolta »

Pico hat geschrieben:Wisst ihr ob es (am Alligator Lake) generell immer so viele Libellen gibt oder ob es von Jahr zu Jahr verschieden ist und es immer wieder mal eine Schwemme von ihnen gibt?
Die Libellen-Population ist an diesem See schon immer sehr groß gewesen.

Sie scheinen hier einen idealen Lebensraum besetzt zu haben, das Gewässer ist recht groß und durch die angelegten Dämme vervielfacht sich die Uferlänge zusätzlich. Umgeben ist der See von Wald und sichert damit ein üppiges Nahrungsangebot. Auch Menschen treten hier nicht in Massen auf.

Hab mal auf die Schnelle ein Bild von 2013 rausgesucht, da sah es schon ganz ähnlich aus, wenn man auf einen Strauch blickte. Den See und seine Libellen kenne ich in der Form seit 2009.


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Daß es dieses jahr besonders viele Exemplare gab, mag am langanhaltenden, trockenen Sonnenwetter gelegen haben. Insofern sehe ich da eine Parallele zu unseren Gefilden und Deinem Garten, denn auch in Florida gab es lange keinen Regen. Libellen sind sehr auf's Wasser angewiesen, aber Regen vertragen sie nicht gut.
Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von quaxi »

Auch von mir zwischendurch ein herzliches Dankeschön für euren lebendigen, frischen Bericht und die tollen Fotos. Vor lauter mitlesen kam ich bisher gar nicht dazu. Die Landschaft sieht ja wirklich wunderschön aus, und die Häuser, die an Tom Sawyer erinnern auch. Da könnte ich doch meinen Mann (ein eingefleischter Tom Sawyer-Fan) vielleicht auch mal zu einer Florida-Reise überreden, ihr habt es mittlerweile bei mir ja schon geschafft. :D
Obwohl, der Waffennarr und seine Heiligkeit schrecken mich dann doch wieder ein bisschen ab. :roll:
Auf jeden Fall dachte ich mir gerade so, ich muss wieder mal "Wer die Nachtigall stört" lesen, das passt zu euren Bildern.

Und Suse, ich kann Dir deine Angst bei der Brückenüberquerung soooo nachfühlen! Ich schaff so was gar nicht. Obwohl ich sehr gut schwimmen kann, und das Wasser nicht tief ist - ich kann da nicht rüber gehen. Wir haben mal in Thailand einen Fischerausflug gebucht, da musste man über ein ca. 1,5 m langes Brett zum Boot rüber gehen. Wir sind nach einer Stunde Anfahrt da am Hafen gestanden und ich hab gesagt, "tut mir leid, ich kann da leider nicht mitfahren". Aber der Fischer und mein Mann haben es dann Dank des ja nur kurzen Überganges geschafft mich rüber zu bringen. Von jeder Seite hat mir einer die Hand hingehalten, dann gings gerade so. Aber das wäre bei der Länge eurer Brücke nicht möglich gewesen. Und dann noch einen Bärenscheißhaufen übersteigen! :shock: Vor dem Bären hätte ich mich nicht so gefürchtet, aber vor dem Drübersteigen auf der "Brücke" schon.

Dein Tauchgang im "Ententeich" wäre wohl auch nichts für mich, aber diese Landschaft, und die Ruhe an so einem Flusslauf ... Das sieht toll aus. :bounce:

Danke Euch!!!!
LG Quaxi
Lesen und Reisen ist Bereicherung, ist Erweiterung der Sinne und des Verstandes.
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Suse
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

quaxi hat geschrieben:Auch von mir zwischendurch ein herzliches Dankeschön für euren lebendigen, frischen Bericht und die tollen Fotos. Vor lauter mitlesen kam ich bisher gar nicht dazu. Die Landschaft sieht ja wirklich wunderschön aus, und die Häuser, die an Tom Sawyer erinnern auch. Da könnte ich doch meinen Mann (ein eingefleischter Tom Sawyer-Fan) vielleicht auch mal zu einer Florida-Reise überreden, ihr habt es mittlerweile bei mir ja schon geschafft. :D

Und Suse, ich kann Dir deine Angst bei der Brückenüberquerung soooo nachfühlen! Ich schaff so was gar nicht. Obwohl ich sehr gut schwimmen kann, und das Wasser nicht tief ist - ich kann da nicht rüber gehen. Wir haben mal in Thailand einen Fischerausflug gebucht, da musste man über ein ca. 1,5 m langes Brett zum Boot rüber gehen. Wir sind nach einer Stunde Anfahrt da am Hafen gestanden und ich hab gesagt, "tut mir leid, ich kann da leider nicht mitfahren". Aber der Fischer und mein Mann haben es dann Dank des ja nur kurzen Überganges geschafft mich rüber zu bringen. Von jeder Seite hat mir einer die Hand hingehalten, dann gings gerade so. Aber das wäre bei der Länge eurer Brücke nicht möglich gewesen. Und dann noch einen Bärenscheißhaufen übersteigen! :shock: Vor dem Bären hätte ich mich nicht so gefürchtet, aber vor dem Drübersteigen auf der "Brücke" schon.
Dann freu Dich schon mal, wir kehren später nämlich nochmal nach White Springs zurück. Uns hats da nämlich auch so gut gefallen, daß wir die Stadt unbedingt nochmal wiedersehen mußten. :D

Das Klettern ist bei mir auch nicht nur eine Kopfsache, ich bin leider mit keinem guten Körpergefühl ausgestattet. Neue Bewegungsabläufe zu erlernen dauert bei mir dreimal so lange wie bei anderen Leuten, alles, was ich in sportlicher Hinsicht kann, habe ich schon als Kind gelernt, seit dem Erwachsenenalter ist da nichts Neues mehr hinzugekommen. Solche Balanceakte stellen mich vor eine echte Herausforderung und ich bin da auch nur drübergegangen, weil die Motivation, die Pflanzen zu sehen, da war. Ich würde ja auch nicht ohne guten Grund auf den Morne Copolia klettern, dabei ist das dann nicht die Anstrengung, die ich scheue, sondern die Kraxeleien. Aber wenn man was will, muß man da eben durch. Aber das hätte bei mir auch gut so enden können:

https://www.youtube.com/watch?v=Eb31CYGQj8k Bild

Die Situation mit dem Brett zum Boot, das kann ich mir genau vorstellen, solche Situationen sind für mich auch immer hochnotpeinlich, in schwankende Boote rein- oder rausklettern, furchtbar. Letztes Jahr, als ich nach Cousine gefahren bin und von dem größeren Motorboot in das kleine Mini Mahé umsteigen mußte, da haben mir 3 (in Worten: Drei) Männer Hilfestellung gegeben. Sowas von peinlich. Dabei habe ich auch gar keine Angst vor dem Wasser oder daß ich ertrinken würde, ich hab nur Angst vorm Fallen.
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mr.minolta
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von mr.minolta »

quaxi hat geschrieben:Obwohl, der Waffennarr und seine Heiligkeit schrecken mich dann doch wieder ein bisschen ab. :roll:
Das is so eine Sache... :wink:

Immerhin hat er ja nicht mit der Waffe in der Hand gepredigt! :lol:

Spaß beiseite- ich nehm das mal zum Anlaß, einen für mich immanenten Widerspruch bei Aufenthalten in den USA zur Sprache zu bringen. Ich hab fast zwei Dutzend Urlaubsreisen dorthin gemacht und den Waffen-Wahnsinn, der ja tatsächlich dort herrscht (toller Titel einer TV-Dokumentation: "Ein Land erschießt sich selbst"), NIEMALS in irgendeiner Form im Alltag erleben müssen. Damit meine ich nicht, keine Schießereien auf offener Straße erlebt zu haben, nein, Waffen und alles, was dazu gehört, haben im normalen Tagesablauf einfach so gut wie keine Präsenz. Dabei müßte es doch anders sein, aber weder sind die Straßen von Waffenläden gesäumt, noch sieht man Menschen, die Waffen tragen. Es wird nicht für den Kauf von Waffen geworben und das Thema ist keines, das bei den zahllosen Kontakten zu Amerikanern dort jemals angesprochen wurde. Das hab ich jetzt also zum ersten Mal erlebt und dabei stand die religiöse Bekehrung noch viel mehr im Vordergrund. Die Frage nach den Waffen diente ihm eher zur Einleitung seines Vortrages.

Ich sehe hier nach wie vor eine Diskrepanz zwischen Realitäten und persönlichem Erleben und wenn Du mich fragst, wäre die "Sorge vor Waffen" wirklich das Allerletzte, das mich von einer USA-Reise abhalten würde.
Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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Suse
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Am nächsten Tag endlich mal wieder ein wettertechnisch schönes Intermezzo, es ist warm und sonnig, auch gen Norden nichts Verdächtiges zu sehen. Also zweiter Versuch Okefenokee.

Hier mal ein Satellitenbild, das einen guten Eindruck von der unberührten Natur und Abgeschiedenheit dieses größten Schwarzwassersumpfes Nordamerikas vermittelt. Ein Ausschnitt nur, denn der Okefenokee ist 11x so groß wie Mahé.


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Im Park angekommen, herrscht auch hier heute eitel Sonnenschein und wir machen uns schnell ein Boot startklar. Wir müssen aufpassen, nicht mit zu hohen Erwartungen in den Sumpf zu fahren, denn bei der letzten Reise haben wir hier ein ganz besonderes Erlebnis gehabt, als wir eine Gruppe fast frisch geschlüpfter, noch ganz winziger Babygators, quasi Windelgators, zwischen den Wasserpflanzen entdeckt haben, die so sehr auf ihre Tarnung vertrauten, daß wir sie aus ziemlich kurzer Distanz ausgiebig fotografieren und beobachten konnten. So etwas ist kaum zu toppen.


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Bevor man in die schmaleren Seitenkanäle abbiegt, befährt man für ein Stück den Suwannee, der hier noch schwärzer zu sein scheint, als anderswo. Der Wasserstand ist sehr hoch, um uns herum einige den Köpfen nach anscheinend sehr große Alligatoren, die unserem Boot aber schon von weitem ausweichen.


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Die Größe eines Gators nur anhand des Kopfes zu bestimmen erfordert ein gutes Augenmaß, ist mit den amerikanischen Maßeinheiten dann aber ganz einfach. Vom Mittelpunkt der Strecke zwischen den Augen ausgehend, mißt man die Entfernung zur Nasenspitze in Inch und hat die Länge des Alligators in Fuß.

Wir fahren in den gleichen Seitenarm, in dem wir vor fünf Jahren die Babygators gesehen haben, denn unbewußt ist natürlich schon die Hoffnung da, daß wir so ein Glück vielleicht noch einmal haben. Es begegnet uns nur ein einziges Boot, ansonsten sind wir allein. Wenn wir den Motor ausschalten (was ich ein bißchen unheimlich finde, da das Boot ein paar Startschwierigkeiten hatte und ich uns schon den ganzen Weg zurück den schweren Kahn paddeln sehe), ist die Luft erfüllt von den zahlreichen Sumpfgeräuschen, Frösche, Uhus, Vögel und vor allem die Zikaden. Einige recht große Alligatoren und auch Schildkröten sonnen sich auf bemoosten Baumstämmen.


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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Nach knapp zwei Stunden machen wir das Boot am Wurzelknie einer Zypresse fest und machen Pause. Das leise Plätschern des Wassers am Bootsrumpf, die Frösche, das Sonnenlicht, das durch das Blätterdach fällt, aus Sicht eines Touristen, der mit einem Sandwich und einer Gallone Eistee in einem sauberen Motorboot sitzt, wirkt es wie ein paradiesischer Ort. Und ist für Menschen doch so lebensfeindlich. Während wir essen, überlegen wir, ob und wie wir es anstellen würden, ohne das Boot den Rückweg zum Bootsanleger des State Parks zu überleben, und kommen zu dem Schluß, daß uns das wohl nicht gelingen würde. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie die spanischen Invasoren hier wie die Fliegen gestorben sind. Sie suchten die Quelle der Jugend und fanden nur schwarzes Wasser voller Alligatoren und Malaria.


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Nach gut vier Stunden geben wir das Boot wieder ab und fahren müde und auch ohne Babygatorsichtung zufrieden nach Hause. Der Highway ist leer, vor uns und hinter uns kein Auto, wir genießen die Fahrt im Licht des frühen Abends und haben gerade Tootsies Tankstelle passiert, als wir von weitem mitten auf der Fahrbahn einen großen dunklen Gegenstand sehen. Beim Näherkommen entpuppt er sich als große Gelbwange, die hoch erhobenen Hauptes und im Stechschritt die Straße überquert. Aus der Gegenrichtung nähern sich Fahrzeuge, das wird nicht gut gehen. Rettest Du sie? fragt mich der Mister. Klar, sage ich, und bin schon draußen und signalisiere dem herankommenden Pickup, daß er anhalten soll. Es ist natürlich nicht klug, ich wäre nicht die erste, die beim Versuch, einen Igel oder ähnliches von der Straße zu pflücken, selbst überfahren wird, aber so richtig komme ich nicht zum Nachdenken, und außerdem ist hellichter Tag und das hier das ländliche Florida, wo der Begriff defensives Autofahren noch eine Bedeutung hat.

Am Steuer des wartenden Wagens eine Frau, die breit grinst, als sie mich die Schildkröte vorbeitragen sieht. Die (also die Kröte, nicht die Frau) ist ungefähr so groß wie eine Minipizza und recht schwer. Sie ist ganz warm und trocken von der Sonne und hatte wohl den wassergefüllten Straßengraben im Sinn. Dorthin trage ich sie dann auch und setze sie halb ins Wasser, damit sei merkt, daß sie am Ziel ist. Inzwischen hat sich aus der Gegenrichtung ein kleiner Stau gebildet, aber niemand hupt, alle warten geduldig. Als ich wieder im Auto sitze, schließt die Fahrerin des ersten Wagens zu uns auf, zeigt uns einen erhobenen Daumen und ruft, sie seien auch „Turtle People“.

Langsam nähert sich der Urlaub dem Ende und noch hält sich das Wetter. Wenn wir nochmal eine Quelle besuchen wollen, bevor der Memorial Day über uns hereinbricht, müssen wir das jetzt machen. Also fahren wir am kommenden Tag nochmals zum Ichetucknee, auf meinen besonderen Wunsch, da mir die Quellen besonders gut gefallen.

Frühmorgens geht es zum All-Dee, allerdings ohne einen Quarter in den Einkaufswagen zu stecken. Das Angebot ist ausgezeichnet, die Preise auch, es ist kein Wunder, daß die Märkte hier gut ankommen. Ebenso übrigens bei den Mitarbeiterinnen, im Gegensatz zu amerikanischen Supermärkten, in denen die Kassiererinnen immer stehen müssen, hat All-Dee sein übliches Equipment aus Deutschland mitgebracht. Es gibt lange Warenbänder vor den Kassen und Sitzmöglichkeiten für die Kassiererinnen.


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In den Regalen zahlreiche Produkte, die mit „Authentic German Kitchen“ bezeichnet sind. Bratwürstchen, Spargelspitzen, Bratheringsfilets, Gummibärchen und Schogetten. Wir sind aber wegen des hervorragenden Fleischangebotes hier, das deutlich günstiger ist als im Walmart oder gar im Winn Dixie. Krautsalat ist ebenfalls im Angebot, die deutschen Produkte sind schon eher die Ausnahme, das Warenangebot ist ansonsten klassisch amerikanisch. Damit geht’s dann auf zum Ichetucknee.
Zuletzt geändert von Suse am 31 Jul 2018 19:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Wir sind diesmal früher hier, so daß wir den Ort zunächst ganz für uns haben und ausgiebig schnorcheln und Tiere beobachten. Der Ichetucknee ist auch einer der Lieblingsplätze meines Mannes, er nennt ihn den "Zauberwald".


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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Gegen Mittag geht es dann aber los, wir hören sie schon von weitem, ganze Besuchergruppen, die sich hier offensichtlich auskennen und direkt mit Anlauf und Arschbombe ins Wasser springen. So richtig verübeln kann man es ihnen nicht, es ist nun einmal das, was Nordfloridianer als Bademöglichkeit haben, in den Seen kann man wegen der Alligatoren nicht schwimmen und Badeanstalten, wie sie wir kennen, gibt es kaum. Wer keinen Privatpool hat, geht eben in eine Quelle, und welcher Fünfzehnjährige hat schon Lust, da mucksmäuschenstill herumzutreiben, nur aus Rücksicht auf irgendwelche Critters. Das meine ich keineswegs sarkastisch.

Nach dem Schwimmen suchen wir uns einen der im Park fest installierten Grills, lassen es uns gut gehen, und beratschlagen, wie wir die letzten Tage verbringen wollen. Der Hurrican aus Kuba steht vor der Tür, es ist nochmals mit deutlicher Wetterverschlechterung zu rechnen.

Wir möchten gern nochmal nach White Springs, die kleine Stadt hat es uns angetan. Eigentlich würden wir auch gern nochmal in die Paynes Prairie, aber wir haben keine Lust, nochmals dem zornigen Propheten in die Fänge zu geraten, also wenn, dann an einen anderen Aussichtspunkt.

Leider ist das Wetter am Folgetag vormittags wieder einmal so schlecht und ein Gewitter jagt das nächste, daß wir alle Pläne fallenlassen müssen. Etwas frustiert sitzen wir im Motelzimmer, letztlich fällt die Entscheidung auf eine ausgiebige Shoppingtour und darauf, den Tag in Lake City zu verbringen. Wir haben tatsächlich auch etwas auf der Einkaufsliste abzuhakten, frisches Off Deep Woods für kommende Reisen, ein paar Medikamente, einen Vorrat Beef Jerky für die Heimat.

Ein Besuch in der Mall von Lake City vermittelt rasch das Sommerfeeling, das draußen gerade fehlt, Vogelgezwitscher vom Band, Tageslichtlampen, eine üppige Deko aus künstlichen Pflanzen, das wirkt alles so, als spaziere man durch eine Tropenlandschaft voller Geschäfte. Darunter ein Michael’s Store mit einem schier unerschöpflichen Angebot von Bastelbedarf für alle kreativen Hobbys, die man sich so denken kann. Die Auswahl an Fotoalben (ich liebe schöne, themenbezogene Alben) ist gewaltig, wenn doch nur Platz im Koffer wäre. Vom Gewichtsproblem einmal gar nicht zu reden. Aber ein paar Sticker, ein paar Aquarellbuntstifte und ein bißchen Zubehör für die alljährliche Pralinenproduktion müssen mit. Das Limit meiner Kreditkarte ist noch nicht ausgeschöpft, aber ich marschiere in Riesenschritten darauf zu... Im Bath & Body Works umtanzt uns ein reizender Verkäufer und so verlasse ich auch diesen Laden mit wohlduftenden Dingen, die obendrein im heimischen Badezimmerregal noch einen Dekoeffekt erfüllen.

Dann zum Walmart. Was wir suchen, ist rasch gefunden, allerdings entdecke ich auch Dinge, mit denen ich gar nicht gerechnet hätte. Hier in den USA steht bereits seit gestern der neue Stephen King (The Outsider) im Regal und der Klappentext liest sich so gut, daß ich nur schwer widerstehen kann, die schwere gebundene Ausgabe mitzunehmen.

Danach hat es sich ein bißchen aufgeklart, aber die Luft ist drückend und schwül. Sobald der Regen aufhört und die Sonne auch nur minutenweise durch die Wolken scheint, wird es sofort wieder sehr heiß. Wir nutzen den Nachmittag für eine weitere Wanderung am Alligatorlake. Außer uns ist niemand unterwegs, es ist still und schön, wir sehen Schildkröten, Alligatoren und sogar ein Kaninchen. Und die Bremsen und Feuerameisen sehen leider auch uns.


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Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb wir darauf verzichten, den Rundweg um den See einmal abzugehen. Auch in Lake City gibt es nicht nur nette historische Ortsteile und große Waldgrundstücke, sondern sehr wohl auch Viertel, die slumähnlichen Charakter haben und der Weg führt uns durch solche zwar nicht direkt mitten hindurch, aber doch daran vorbei. Der aggressiv klingende Rap, der aus dieser Richtung über den See zu uns herübergeweht kommt, wirkt für mich auch nicht gerade vertrauenerweckend.

Statt dessen drehen wir eine kleine Runde um den Lake de Soto, den kreisrunden See im historischen Stadtkern von Lake City. Mitten in der Stadt wimmelt es hier von Tieren, verschiedenste Wasservögel, Anhingas und Schildkröten. Nicht anders als in Deutschland kommen die Einwohner, auch jüngere, abends hierher zum Entenfüttern, die Tiere, die hier dementsprechend prächtig gedeihen, haben jede Menge Küken.


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Unweit des Sees ein historischer Friedhof. Die Steingräber halb verfallen unter riesigen Live Oaks voller Moos, hat er uns im Vorbeifahren schon vor längerem neugierig gemacht und heute ist endlich Gelegenheit, uns durch die Seitenstraßen zu arbeiten bis wir die kleine Nebenstraße gefunden haben, in der der Eingang liegt. Gegen Abend ist es wieder schön geworden, so daß wir eine Weile hier herumgehen und ein Gefühl für den Ort zu bekommen versuchen. Nach den Eichen ist er benannt, Oak Lawn Cemetery, einer der ältesten Friedhöfe der Stadt. Viele der Gräber sind die unbekannter Soldaten, die in der Schlacht von Olustee gefallen sind, die unweit der Stadt stattfand (natürlich gibt es einen State Park dazu :wink: ).


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Wer nicht als Soldat fiel, starb aus anderen Gründen früh. Zu denen, die nicht als reiche Badegäste in den Norden kamen, war das Land nicht sehr freundlich. Auffällig die vielen kleinen Grabsteine, Kinder, die kaum je das 4. Lebensjahr erreichten. Manche Familiengabstätten geben regelrechte Tragöden preis. Eltern, die von ihren zahlreichen Kindern eines nach dem anderen beerdigten, bevor diese überhaupt das Schulalter erreicht hatten. Kaum vorstellbar, wie ein Heilbad wie White Springs mit Bade- und Teehäusern voller erholungssuchender reicher New Yorker, und wenige Meilen weiter südlich eine neu gegründete Kleinstadt namens Alligator, voller Cracker, die von Malaria und Gelbfieber dahingerafft wurden, gleichzeitig existieren konnten.
Zuletzt geändert von Suse am 01 Aug 2018 11:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von Suse »

Aufgrund der schönen Abendsonne besteht Aussicht, daß der freitägliche Oldtimertreff auf dem Hardee’s Parkplatz stattfinden wird, auf dem mr.minolta sich dann mit einem der Wagenbesitzer anfreundet. Diesmal ist der Bezug zu Deutschland ein ganz besonders intensiver, der ältere Herr war in Deutschland stationiert und hat eine Deutsche geheiratet, spricht deutsch und freut sich über das Interesse.


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Bei mir besteht größeres Interesse am Pool, allzulange werde ich diesen Luxus nicht mehr haben, und so schwimme ich im lauwarmen Wasser beim Schein der Poolbeleuchtung, bis ich keine Lust mehr habe. Ich war wieder ganz allein, absolut genial.
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Re: Kröten, Keys und Kannenpflanzen - Florida im Mai 2018

Beitrag von mr.minolta »

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Es scheint, daß es neben der Republik der Seychellen auf der Welt kein zweites Land gibt, das für sich selbst derart ausdrücklich mit besonderem Umweltschutz wirbt und in der Realität so unfaßbar dreist das absolute Gegenteil davon praktiziert.
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