...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter...

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robhof
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...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter...

Beitrag von robhof »

...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter...

Wenige Korallen im Meer, dafür um so mehr in den Verkaufsregalen

Eigentlich sind die Seychellen ein Musterland des Naturschutzes (zumindest für die Dritte Welt). Aber was man dort überall am Strand oder in den Souvenirläden sieht, würde man gar nicht für möglich halten: Haie spielen dabei leider eine wichtige Rolle. Anschließend einige Fotos und ein Bericht dazu.

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Mein letzter Aufenthalt auf den Seychellen führte es mir wieder einmal mit erschreckender Deutlichkeit vor Augen: im Meer stellenweise immer noch deprimierende Korallenfriedhöfe - nach dem El Nino-Jahr 1997/1978 sind viele Riffe der Seychellen abgestorben - dafür Massen völlig intakter Korallenskelette in den Verkaufsregalen der Händler... Woher die zum Kauf dargebotenen Korallen stammen, war für mich nicht zu ermitteln, und verständlicherweise sprechen die Händler nicht darüber. Auffällig an der ausgestellten Ware war, dass die unzähligen Korallenskelette völlig intakt sind und - für einen Kenner offensichtlich - sicherlich von abgebrochenen lebenden Kolonien stammten. Es ist durchaus möglich, dass die angebotenen Korallen in den Gewässern rund um die Seychellen "geerntet" wurden, wo die Regeneration nach der verheerenden Korallenbleiche vor acht Jahren voll im Gang ist. An manchen Tauchplätzen war der Anblick und Zustand der neu wachsenden Korallen recht erfreulich.
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Der rege Korallenhandel ist für mich eher überraschend, ist doch der Naturschutz auf den Seychellen recht gut etabliert. Vor allem aber in Anbetracht des ökologischen Desasters unter Wasser - der endlosen, toten Korallenfriedhöfe - sollte jedem denkenden Menschen die Lust vergehen, die wenigen lebenden Korallen abzubrechen. Nicht den Einheimischen, die leben und überleben müssen, ist aber der größte Vorwurf zu machen, sondern den Touristen. Sie müssten so viel Verantwortungsbewusstsein haben, den Raubbau an den Naturschätzen ihres Reiselandes nicht zu unterstützen.
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Unter den angebotenen Korallen sind nicht nur viele Acropora-Arten (verästelte Geweihkorallen), die wie die allermeisten riffbildenden Korallen zu den sechsstrahligen Korallentieren (Hexacorallia) zählen, die allesamt nicht in die EU eingeführt werden dürfen, sondern auch zwei "korallische" Besonderheiten: die weinrote Tubipora (Orgelkoralle) und die himmelblaue Heliopora (Blaue Koralle). Sie sind Vertreter der achtstrahligen Korallentiere (Octocorallia) und damit keine Steinkorallen (Scleractinia). Dennoch bauen sie wie die Steinkorallen feste Kalkskelette und sind damit echte Riffbildner. Beide Arten werden gesondert in den EU-(Verbots-)Listen angegeben.
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Eine kurze Beobachtung der Verkaufsstände in Victoria hat bestätigt, dass es kein Angebot ohne Nachfrage gibt . Die Nachfrage kam prompt, schon nach einigen Minuten, in Form einiger südländisch aussehender Europäer, ich glaube es waren Italiener. Wie viel kostet dieses Haigebiss, wie viel diese Koralle, wie viel dieses Tritonshorn... Es geht mir nicht darum Menschen zu verurteilen und zu kriminalisieren, aber es war einfach offensichtlich, dass die Käufer typische Touristen im Sinne von Konsumenten waren, die keine Ahnung von der Situation der bedrohten Arten haben bzw. Touristen, die sich über diese Dinge einfach noch nie wirklich Gedanken gemacht haben, Touristen und Reisende ohne Umweltbewusstsein, gedankenlose Touristen. Unkenntnis schützt aber vor Strafverfolgung nicht und ist auch keine ausreichende moralische Entschuldigung. Es ist kein großes Geheimnis, dass etwa Steinkorallen auch im Anhang B von CITES (Washingtoner Artenschutzabkommen) stehen.

Auch die Menge der angebotenen "Haibestandteile" ist erschreckend. Offensichtlich gehen den Fischern immer noch recht große Exemplare in die Netze, darunter Tigerhaie, Makohaie und Hammerhaie, denn an riesigen Kiefern und Zähnen mangelt es keinesfalls (viele kommen auch von den Äußeren Inseln). Gerade diese großen Formen sind aber besonders gefährdet. Sie haben oft eine den Säugetieren ähnliche Reproduktionsbiologie, die sie anfällig gegen Überfischung macht: sie sind langlebig, haben eine lange "Tragzeit", wenige Nachkommen, weisen ein langsames Wachstum und eine späte Geschlechtsreife auf.
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In Anbetracht des Gesehenen denke ich: Die unermüdliche Aufklärungsarbeit durch Artenschützer, Behörden und Naturschutzorganisationen ist aktueller denn je. Der Kampf gegen Ahnunglosigkeit und Ignoranz muss noch intensiviert werden! Trotz verstärkter Bemühungen gehen viele Touristen nach wie vor ahnungs- und gedankenlos durch ihr (Reise-)Leben. Für Naturfreunde sollte es ganz klar sein, dass diese Art gekaufte Reisemitbringsel die Naturzerstörung fördert, denn wo eine Nachfrage, dort auch ein Angebot... Die Touristen sind diejenigen, die dem Handel mit bedrohten Arten einen Riegel vorschieben können, indem sie solche Produkte einfach nicht kaufen und aktiv gegen diesen Handel ankämpfen!

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Die ... Begeisterung, die wir beim Betrachten der Natur empfinden, ist eine Erinnerung an die Zeit, da wir Tiere, Bäume, Blumen und Erde waren ... Leo N. Tolstoi

Robert, Salzburg
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Pico
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Beitrag von Pico »

ja, das ist wirklich erschreckend...
Mir sind in Victoria auch diese Verkaufsstände aufgefallen, und ich war bei diesem Anblick ziemlich gefrustet.

Trotz aller Diskussionen hin oder her und Verlgeiche mit anderen Ländern - ich habe auch festgestellt, dass die Seychellen was Naturschutz betrifft nicht immer so paradiesich sind, wie sie oft dargestellt werden, leider.
Auch die weiteren Bautätigkeiten dort lassen mich nichts Gutes ahnen.
Ich bin zugegeben schon etwas besorgt, was die Zukunft der Seychellen anbetrifft. Nicht dass sie den Fehler anderer Länder machen - wenn auch nur verzögert.

Danke dass du uns auf dem Laufenden hälst und toll dass du ins Forum gekommen bist, Robert!
Dirk
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Beitrag von Dirk »

"Klar ist der Tourist als Endabnehmer zum großen Teil "schuldig", aber es ist illusorisch darauf zu hoffen, man könne "den Touristen" angemessen aufklären. In so einer Situation ist Aufklärung zwar wichtig, damit der enttäuschte Urlauber versteht, warum er diese Dinge auf den Seychellen nicht kaufen kann, obwohl das Meer rundum doch voll davon ist. Aber nur ein streng überwachtes Verbot kann es verhindern."

Wenn schon keine Einsicht hinsichtlich der ökologischen Schäden bei den Käufern dieser zweifelhaften Andenken vorhanden ist, so kann vielleicht ein Hinweis die Freude an diesen Souvenirs verderben, dass auch die Einfuhr geschützter Korallenarten nach Deutschland und in die EU verboten ist und die Korallen eingezogen werden und hohe Bußgelder verhängt werden können.

Ich denke, dass selten böser Wille sondern Unwissenheit das Problem ist. Darum mein Vorschlag an Lars, wie wär´s mit einem deutlichen Hinweis auf Deinen Seiten?
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Anubis
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Re: ...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter

Beitrag von Anubis »

WolfgangDaerr hat geschrieben:... die Schnecken, Muscheln und Korallen von den Seychellen, von den Philippinen (das vermute ich)
Warum sollten sie von den Philippinen eingeführt werden? Da kommen doch noch die Transportkosten hinzu?

Ich habe auf den Philippinen nur ganz selten Schnecken, Muscheln oder Korallen an den Verkaufsständen gesehen. Solche Souvenirs scheinen dort weniger gefragt zu sein. Oder sie sind dort ausverkauft.

Ausserdem: Muscheln auf den Seychellen zu importieren, das wäre ja fast wie Wasser zum Ozean zu bringen.
Mahé. Praslin. Silhouette. La Digue. Bird. Cerf. Sea Shell. Maya's Dugong. Life is a journey and experience is more valuable than money.
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kolja
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Re: ...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter

Beitrag von kolja »

WolfgangDaerr hat geschrieben: Diese Bilder sind wirklich erschreckend, egal, ob die Schnecken, Muscheln und Korallen von den Seychellen, von den Philippinen (das vermute ich) oder aus Madagaskar oder den Komoren stammen. Ich meine Sie sollten diesen Bericht und die Bilder unbedingt dem Fremdenverkehrsbüro (Frau Karin Fröhlich in München), den Tauchbasen auf den Seychellen und am Besten auch den im Tourismus arbeitenden lokalen Agenturen zusenden.
...das zusenden dieser fotos ist nicht noetig denn man kann das abgebildete spektakel ja oft genug live "bewundern". egal ob man haigebisse an beau vallon angeboten bekommt oder einfach mal die souvenir haeuschen in mahe gegenueber von Cable & Wireless betrachtet - fast ueberall wird man fuendig. es ist ein schon jahrelanger kampf die wirklich sensationelle naturschutzpolitik der seychellen ueber wasser auch auf das gebiet unter wasser anzugleichen. in dem bereich koennen wir hier von den malediven noch viel viel lernen.

vielleicht muss hier keiner vom verkauf derartiger souvenirs leben aber es gibt genuegend die sich den "extra rupee oder euro" gerne in die tasche stecken - egal ob haizahn, koralle oder illegaler lobsterverkauf - die liste liesse sich endlos fortsetzen.

zum glueck gibt es auch um mahe noch plaetze mit traumhaft schoenen korallenbestaenden - vor allem von den erwaehnten akroporas gibt es regelrechte felder, die allerdings sicherlich zu einem gewissen teil in besagten souvenirhaeuschen landen...
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Warmschnorchler
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Beitrag von Warmschnorchler »

so ein Käse. Jetzt war ich zu langsam. Wollte gerade eine neue Sey-Schreibweise zitieren :D

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blaufotograph
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Re: ...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter

Beitrag von blaufotograph »

robhof hat geschrieben:...und der Handel mit bedrohten Arten geht munter weiter...

Wenige Korallen im Meer, dafür um so mehr in den Verkaufsregalen....
als wir uns für einen Tag am Anse Takamaka entspannt haben, standen auf dem "Balkon"-Geländer auch jede Menge Muscheln und ich glaube auch Haigebisse waren auch dabei.

Selbstverständlich haben wir keine gekauft!

Auf Praslin haben wir gesehen, wie einige Taxibootbesitzer für (ich glaube es waren französiche Touristen) 2 sehr schöne Muscheln ausgeschlagen. Sie haben sie so lange auf den Sand geworfen, bis die Muscheln leer waren, und haben sie dann den Touristen mitgegeben. Wir waren darüber sehr schockiert und hätten die Muscheln am liebsten wieder ins Meer geworfen. Leider war das zum einen nicht realisierbar und zum anderen hätte es auch keinen Sinn gemacht.

Traurige Grüße
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