
Die Chamäleons der Seychellen
© Robert Hofrichter, mittelmeer@aon.at (jede Verwendung der Texte und Fotos bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Autors)
Das Tigerchamäleon (Calumma tigris) und die Wilde Ananas – ein wenig bekanntes Phänomen der Natur der Seychellen

Ein schöner Beitrag aus terraristischer Sicht ist hier zu finden:
http://www.terrainspira.ch/berichte/cha ... igris.html .
Allerdings: Kein verantwortungsvoller Terrarianer sollte auf die Idee kommen während des Seychellenurlaubs Tiere aus der Natur zu entnehmen und sie nach Hause zu schmuggeln! Während meiner Reise auf die Seychellen im Jahr 1999 konnte ich genau das beobachten: Ein allzu begeisterter Züchter hat auf Praslin ein Pärchen des Tigerchamäleons gefangen um es nach Deutschland zu schmuggeln. Das Tigerchamäleon ist eine extrem seltene Art mit einem sehr kleinen natürlichen Verbreitungsgebiet!
Ausgezeichneter Artikel: http://www.phelsumania.com/public/artic ... ris_1.html

Manche auffällige und häufige Reptilien – das sind vor allem die Skinke und Geckos – laufen jedem Seychellenbesucher mehrmals täglich über den Weg. Nur die aufmerksamsten Beobachter werden hingegen auf Mahé, Praslin oder Silhouette auf ein ebenso faszinierendes wie gut getarntes und dadurch nur schwer auffindbares Tier stoßen: das bis zu 16 cm lange, endemische Tigerchamäleon Calumma tigris. Das nahegelegene Madagaskar ist mit mehr als 60 Arten die Hochburg der Chamäleons weltweit, auf den Seychellen hat sich nur diese eine endemische Art etabliert.

In der Literatur und im Internet geistern viele wissenschaftliche Namen herum. Der richtige ist weder Chamaeleo tigris noch Calumna tigris, sondern Calumma tigris. Die Gattung umfasst zahlreiche Arten, die allesamt auf Madagaskar leben, nur C. tigris ist auf den Seychellen endemisch. Die Gattung umfasst mittelgroße bis große Chamäleons, C. tigris wird etwa 16 Zentimeter lang und gehört damit zu den kleinen Vertretern der Verwandtschaft. Alle Arten haben eine ausgeprägte Färbung und die Fähigkeit zu deutlichen und schnellen Farbveränderungen. Bei Arten der Gattung Calumma treten Unterschiede zwischen den Geschlechtern auf: Männliche Tiere werden größer als ihre weiblichen Artgenossen und haben einen im Vergleich zum Weibchen längeren S chwanz mit einer verdickten Basis. Männchen haben oft deutlich ausgeprägte Strukturen am Kopf, die bei den Weibchen fehlen oder weniger deutlich ausgeprägt sind. Beim Tigerchamäleon fehlen solche auffällige Strukturen, ein Helm ist nur mäßig entwickelt und an der Schnauzenunterseite findet man einen kleinen, hängenden, beschuppten Hautlappen.
Mit seinen bedächtigen Bewegungen schleicht das Chamäleon durch das Dickicht der Äste, auf der Jagd nach Insekten, die mit der langen, klebrigen Schleuderzunge abgeschossen werden. In etwa einer Viertelsekunde kann dieses perfekte Fangorgan weit ausgeschleudert werden. Die großen, unabhängig voneinander beweglichen Augen sind von dicken, beschuppten Lidern überdeckt, die nur eine kleine Öffnung für die Pupillen freilassen. Bemerkenswert sind die Extremitäten der Chamäleons, an denen auf den ersten Blick nicht die typische fünfstrahlige Hand- und Fußform der Landwirbeltiere mit fünf Fingern und fünf Zehen zu sehen ist. Stattdessen sind Greifzangen ausgebildet, die sich perfekt dazu eignen, auf dünnen Ästen Halt zu finden. Die genauere Betrachtung dieser „Zangen“ offenbart dann doch die fünf (zusammengewachsenen) Finger und Zehen. An der Hand weisen drei miteinander verwachsene Finger nach außen und zwei nach innen, an den Füßen ist es genau umgekehrt.
Das eher unauffällig gefärbte, fahlgelbe bis hellgrünliche oder graue bis bräunliche Tigerchamäleon bevorzugt in Gärten Zitrusbäume, Mangos und Zimtbäume, ansonsten kann es überall auf der Vegetation gefunden werden. Manchmal sind die Tiere sogar beim Überqueren von Wegen und Straßen zu sehen. Mit etwas Glück kann man sie im Nationalpark Vallée de Mai auf Praslin finden, wo sie verhältnismäßig häufig sind – oder an jeder anderen Stelle der großen Inseln –, wenn man die Augen offen hält und lange genug sucht. Erschrickt das Tigerchamäleon, nimmt es dank zahlreicher Farbstoffzellen in der Haut mit verschiebbarem Pigment innerhalb weniger Sekunden eine leuchtend gelbe oder grünliche Farbe mit unregelmäßigen schwarzen Flecken an, oder es wird überhaupt ganz schwarz und nur die Beine behalten ihr leuchtendes Grün. Alles an diesem Tier – einschließlich der bedächtigen Bewegungen mit dem ständigen nach vor und wieder nach hinten – scheint nur einem einzigen Ziel zu dienen: Sich möglichst unsichtbar zu machen! Tigerchamäleons sind tagaktiv, in der Nacht schlafen sie häufig an den Zweigspitzen der Büsche. Hier sind sie mit einer starken Taschenlampe nachts am leichtesten zu entdecken.

Wenn die Angabe in http://members.aol.com/jstgerlach/herps.htm auch nur annähernd richtig ist, zählt das Tigerchamäleon wohl zu den extrem gefährdeten Arten. Denn die Populationsdichten sind gering und es soll nur an die 2.000 Individuen dieser Art geben!

Ihre Eier vergraben die Tigerchamäleons nicht im Boden, wie es Chamäleons sonst tun, sondern legen diese bevorzugt in die Blattachseln der Wilden Ananas. Das ist eine Pflanzenart, die hier ursprünglich nicht heimisch war und erst durch den Menschen eingeschleppt wurde. Seitens der Tigerchamäleons muss es sich also um eine junge Anpassung handeln und Fachleute fragen sich, wo und wie die Echsen ihre Eier vorher abgelegt haben (sehr empfehlenswerte Darstellung und Analyse hier: http://www.phelsumania.com/public/artic ... ris_1.html ).
In diesem speziellen Fall konnte sich eine Art zumindest an die veränderte Vegetation anpassen und eine neue Nische entdecken, nachdem die ursprüngliche Pflanzenart vermutlich ausgerottet worden ist. Doch das ist nicht immer so, vielmehr eher selten. Immer mehr eingeschleppte Pflanzenarten verändern das Ökosystem, an das die endemischen Tiere angepasst sind. Auch aus diesem Grund ist der Kampf gegen invasive pflanzliche Fremdlinge so wichtig.

Familie Chamaeleonidae (Chamäleons)
Gattung Calumma
e 1. Calumma (Chamaeleo) tigris (Tigerchamäleon)